Wählen Sie ein Produkt aus unserem Angebot und legen Sie es in den Warenkorb.
Seitenbereiche:
  • zum Inhalt [Alt+0]
  • zum Hauptmenü [Alt+1]

  • Ausstellungen
  • Künstler­:innen
  • Shop
    • PRINTS
    • Vintage Photo Sale
    • Ostlicht Editionen
    • BÜCHER
  • Auktion
  • Kameras
  • Sammlung
    • Highlights
    • Service
  • Information
    • Über Uns
    • Besuch
    • Team
    • Dienstleistungen
    • Vermietung
    • FAQ
ÖFFNUNGSZEITEN
MI–SA; 12–18 Uhr und nach Vereinbarung
Hauptmenü:
  • Ausstellungen
  • Künstler­:innen
  • Shop
    • PRINTS
    • Vintage Photo Sale
    • Ostlicht Editionen
    • BÜCHER
  • Auktion
  • Kameras
  • Sammlung
    • Highlights
    • Service
  • Information
    • Über Uns
    • Besuch
    • Team
    • Dienstleistungen
    • Vermietung
    • FAQ

Sprachenmenü:
  • de
  • en

Hauptmenü ein-/ausblenden
  • Sammlung
  • Highlights

Inhalt:

Highlights

 

Neun Schlüsselbereiche der Sammlung werden unseren Online-Besucher_innen hier anhand von jeweils vier Beispielen vorgestellt. Die 36 monografischen Texte behandeln neben den spezifischen Entstehungsumständen der Bilder verschiedene Aspekte der Technik, der Medienpolitik, der Ästhetik, des Stils und der Sozialgeschichte; zusammen genommen ergeben sie eine kleine Geschichte der Fotografie.

PROFIL

SERVICE

HIGHLIGHTS

 

 

 Daguerreotypien

 Frühe Papierabzüge
 Historische Reisefotografie
 Aktfotografie
 Pressefotografie
 Bildreportage
 Kubanische Fotografie
 Wiener Aktionismus
 Polaroid Collection

 

 

Daguerreotypien

 

Als die Geburtsstunde der Fotografie gilt der 19. August 1839, als in Paris die Daguerreotypie offiziell vorgestellt wurde und sich für etwa zwei Jahrzehnte gegenüber anderen Verfahren durchsetzte. Nach (zunächst minutenlanger) Belichtung und aufwändiger Entwicklung entsteht ein positives, jedoch seitenverkehrtes Bild aus geschwärztem Silber. Bei naher Betrachtung unter dem richtigen Lichteinfallswinkel zeigen sich die Qualitäten des ersten technischen Repräsentationsmediums: Durch eine nie zuvor gesehene Detailtreue und Feinzeichnung beeindruckte die Daguerreotypie nachhaltig.

 

Als erstes kommerziell genutztes fotografisches Verfahren fand sie für Porträts im Bürgertum ihre häufigste Anwendung. Rasch setzten sich standardisierte Bildformate durch, die von einer ganzen Platte (16,2 x 21,6 cm) bis zur 1/16 Platte (4,1 x 3,4 cm) reichten. Die spiegelnden Unikate auf versilberten Kupferplatten rahmte man unter Glas und häufig in Lederetuis mit Samtfutter. Ab der zweiten Jahrhunderthälfte wurde die Daguerreotypie von preiswerteren Verfahren abgelöst, etwa der Ferrotypie oder der Ambrotypie. Die Fotosammlung OstLicht beherbergt rund 400 Daguerreotypien, vorwiegend französischer und amerikanischer Provenienz, darunter seltene Beispiele früher Veduten, medizinischer Dokumentation sowie zahlreiche Stereoplatten.

 

UNBEKANNTER FOTOGRAF

Gruppenporträt

Frankreich, ca. 1850

Daguerreotypie, 1/1 Platte, in orig. Passepartout und Rahmen ca. 27 x 24 cm

Das Familienporträt im größten Daguerreotypie-Format der sog. »ganzen Platte« ist nicht nur in einem prächtigen Stuckrahmen gefasst, sondern auch von außergewöhnlicher Aufnahmequalität. Die Komposition ist kontrastreich und klar. Auffallend an diesem Porträt ist der absolut neutrale Bildraum, der die Darstellung modern wirken lässt. Keine Requisiten, Vorhänge, Studiomöbel oder gemalte Studiokulissen sind zu entdecken.

 

Vier Mitglieder einer Familie, höchstwahrscheinlich eine Mutter mit ihren drei Töchtern, sind zu einer kompakten Vierergruppe vor diesem neutralen Hintergrund arrangiert. Der Eindruck von Zusammengehörigkeit wird auch durch die ähnlichen Kleider der Porträtierten verstärkt. Aufgrund der schwarz gehaltenen Gewänder aller Frauen liegt außerdem die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein Trauerbildnis handelt. Vielleicht ist der Ehemann bzw. Vater der Porträtierten vor kurzem gestorben und die Familie wollte sich aus diesem Anlass, zum Beispiel nach dem Begräbnis, porträtieren lassen. Mitte des 19. Jahrhunderts waren Trauerbildnisse, in denen auch der tote Angehörige mit auf das Bild kam, keine Seltenheit. So ließen sich etwa Mütter häufig mit ihren verstorbenen Säuglingen fotografieren oder beauftragten Post-Mortem-Darstellungen der aufgebahrten, sorgfältig arrangierten Leichname.

 

In Kontrast zu der modernen, klaren Komposition steht der aufwändige Stuckrahmen der Aufnahme. Derartige Stuckrahmen waren zu dieser Zeit sehr beliebt und von der Porträtmalerei bekannt. Vor allem »full plate«-Daguerreotypien wie diese wurden im Gegensatz zu den kleinen Viertel- und Sechstel-Platten nicht in Klappetuis gesteckt, sondern in repräsentativen Rahmen an die Wand gehängt.

 

Anna Zimm, © OstLicht

 

MCCLEES & GERMON (aktiv 1847–1855) Porträt eines 2-jährigen Mädchens

USA, Philadelphia, ca. 1850

Daguerreotypie, 1/16 Platte, in orig. Metallpassepartout mit Gravur »McClees and Germon, Phila«, Ledercase mit Samtkissen 4,8 x 4,5 cm

 

Porträtaufnahmen waren die wichtigste Einnahmequelle der meisten Daguerreotypisten. Die Forschung nimmt an, dass sie etwa 90% der Gesamtproduktion ausmachen. Aufnahmen von Kindern stellten die frühen Fotografen vor besondere Herausforderungen. Eine bestand darin, die neugierigen und lebhaften Modelle für die anfänglich lange Dauer der Belichtung ruhig zu halten. Dennoch wurden viele Aufnahmen von Kindern angefertigt und erstaunlich oft sind diese als eigenständige kleine Persönlichkeiten in Einzelporträts dargestellt.

 

Ein besonders sensibles und kunstfertiges Beispiel stellt die vorliegende Sechzehntel-Platte dar, die somit in der Breite nur etwa 2,5 cm misst. Sie zeigt ein etwa 2-jähriges Mädchen im Dreiviertel-Profil mit getupftem Off-the-Shoulder-Kleid. Durch gekonnte Beleuchtung des Gesichts und der Schultern sowie eine ungewöhnliche Nahsichtigkeit entstand ein piktorialistisch anmutendes Porträt. Diese Wirkung wird durch die subtile Kolorierung der Wangen und Schultern des Mädchens verstärkt.

 

Da die Namen der Fotografen in das goldene Metall-Passepartout eingraviert sind, ist die Zuschreibung gesichert, was bei Daguerreotypien nur selten der Fall ist. James Earl McClees (1821–1887) und Washington Lafayette Germon (1822–1877) arbeiteten zwischen 1847 und 1855 zusammen und besaßen ein erfolgreiches Porträtstudio an der Chestnut Street in Philadelphia. McClees hatte bereits 1844 als Daguerreotypist gearbeitet, aber sich immer auch für neue fotografische Techniken sowie die Malerei interessiert. Nach einem Brand 1855 eröffnete er ein neues Studio, in dem er 14 Mitarbeiter beschäftigte.

 

Anna Zimm, © OstLicht

THOMAS RICHARD WILLIAMS (1824–1871)

Der rasende Kakadu oder Eine chinesische Wunderkugel in Gefahr

Großbritannien, London, ca. 1854

Stereodaguerreotypie 8,5 x 16,4 cm

 

Im Zusammenhang mit der Erforschung des binokularen Sehens stellte der Brite Charles Wheatstone 1838 das Stereoskop vor. Es sollte veranschaulichen, wie aus den Sinnesdaten, die von den beiden Augen aus leicht unterschiedlicher Perspektive empfangen werden, eine räumliche Wahrnehmung entsteht. Sechs Monate später präsentierte Louis Daguerre in Paris die Fotografie. Bald gingen die beiden Neuerungen eine Verbindung ein. Ab 1850 fotografierte man in Paris und London mit »zweiäugigen« Stereokameras; um die verblüffenden 3D-Effekte betrachten zu können, benutzte man »stereo viewer« mit Prismenlinsen, in die man stereoskopische Bildpaarplatten schieben konnte.

 

Nach einer Lehre beim Daguerreotypisten Antoine Claudet wurde Thomas Richard Williams zu einem der angesehensten Fotografen der viktorianischen Epoche. In Stereo-Daguerreotypien dokumentierte er 1851 die erste Weltausstellung im Londoner Crystal Palace, von wo der Boom der Stereoskopie ihren Ausgang nahm. Seine vom fahrenden Boot aus belichtete Stereodaguerreotypie vom Auslaufen des Kriegsschiffes Marlborough wurde von der Presse als Momentaufnahme gepriesen.

 

Im vorliegenden Beispiel führt Williams ebenfalls Bewegung vor Augen, wenn auch mit ganz anderen Mitteln: ein ausgestopfter Kakadu, der in einer Kralle die Kette eines chinesischen Elfenbeinballs hält, ist auf der Armlehne eines Stuhls positioniert als würde er eben auffliegen. Ikonografisch steht dieses Arrangement in der Tradition des barocken Stilllebens, wo verschiedenartigen Dingen auch Tiere hinzugefügt wurden, um möglichst viele Sinne anzusprechen und gleichzeitig an die Vergänglichkeit alles Irdischen zu erinnern. Williams erkannte das symbolische wie ästhetische Potenzial dieses Genres für die Fotografie, von der sich sagen lässt, dass sie als Medium zwischen Bewegung/Leben und Stillstand/Tod changiert.

 

Die Metaphorik von Fenster und Spiegel, ebenfalls bereits in historischen Diskursen zur Malerei thematisiert, liegt einer Reflexion über Fotografie besonders nahe. Williams verweist darauf mittels eines (vermeintlichen) Spiegels im Vordergrund, über den ein Spitzenschal drapiert wurde. Erst in der stereoskopischen Betrachtung tritt klar zutage, dass es sich um einen leeren Rahmen handelt. Abgesehen von der Originalität seiner kunstsinnigen Anspielungen, nutzt Williams auch die formal-technischen Möglichkeiten der Stereofotografie mit großer Raffinesse. So achtete er darauf, Überschneidung, Verschattung und Unschärfe in den Konturen der Gegenstände zu vermeiden, denn diese sind dem Stereo-Effekt abträglich. Die Durchzeichnung seiner Daguerreotypie ist so fein, dass sieben Schichten der chinesischen Wunderkugel sichtbar sind.

 

Marie Röbl, © OstLicht

ADOLPHE-EUGÈNE DISDÉRI (1819–1889)

Hauptportal des Palais de L'Industrie

Frankreich, Paris, 1855

Stereodaguerreotypie 8,5 x 17 cm

 

Die Erfindung der Daguerreotypie fiel in das Zeitalter der ersten Blüte der industriellen Revolution mit vielen gesellschaftlichen und ökonomischen Umwälzungen. Die Expansion der Städte, die neuen Eisenkonstruktionen der Ingenieure, die Welt- und Industrieausstellungen und die neu erbauten Häuser und Geschäfte wurden nun von Fotografen auf ihren Silberplatten belichtet. Daguerreotypien mit Außenaufnahmen sind heute äußerst seltene Stücke am Kunstmarkt. Bei hoher Qualität erzielen sie mittlerweile schwindelerregende Preise. Bei vielen sind Aufnahmeort und Fotograf unbekannt. Das Gesicht der Städte hat sich seither so sehr verändert, dass man häufig detektivisches Gespür braucht um die Orte zu lokalisieren.

 

Im vorliegenden Fall ist das einfacher. Die Stereodaguerreotypie zeigt den Haupteingang des Palais de L’Industrie in Paris, eine Ausstellungshalle, die für die Pariser Weltausstellung 1855 errichtet wurde. Das riesige Gebäude befand sich zwischen der Seine und der Champs-Élysées. Es wurde in Zusammenarbeit des Architekten Jean-Marie Victor Viel und der Ingenieure Alexis Barrault und Georges Bridel geschaffen. In der Mitte der 260 m langen Hauptfassade befand sich ein monumentales Portal mit Skulpturen von Élias Robert und Georges Diebolt, welches in unserer Daguerreotypie zu sehen ist. 1897 wurde der Industriepalast zerstört um dem Grand Palais der Weltausstellung von 1900 Platz zu machen. Die Stereoaufnahme von Disdéri ist damit ein wichtiges architekturhistorisches Dokument.

 

Adolphe-Eugène Disdéri studierte Malerei, was damals eine übliche Vorbildung für Fotografen war, und arbeitete danach als Schauspieler in einer Theatergruppe. 1847gründete er sein eigenes Fotostudio in Brest. 1855 bekam er den Auftrag alle ausgestellten Objekte der Weltausstellung im Palais de L’Industrie zu fotografieren. Es entstanden zahlreiche Stereodaguerreotypien der Ausstellungsräume von innen und außen. Der Erfolg der Weltausstellung war für ihn jedoch nur von kurzer Dauer. 1856 musste er Konkurs anmelden und sein Studio verkaufen. Ein paar Jahre später erlangte er noch einmal Ruhm, denn das Carte-de-Visite-Verfahren, das er 1854 patentieren ließ, trat seinen großen Siegeszug an. Trotz seiner Vielfältigkeit und verschiedenen Erfolge verstarb Disdéri blind, taub und verarmt in Paris.

 

Anna Zimm, © OstLicht

Frühe Papierabzüge

 

Als in den 1830ern der Franzose Louis Jacques Mandé Daguerre und der Brite William Henry Fox Talbot um die Erfindung der Fotografie konkurrierten, schien das Negativ als Zwischenschritt zum fotografischen Bild ein Nachteil zu sein. Doch längerfristig erwies sich Talbots Positiv-Negativ-Verfahren, genannt Kalotypie, eindeutig als erfolgreicher: Es ist die Voraussetzung für die Vervielfältigung und somit die weitreichende bildkulturelle Rolle fotografischer Bilder.

 

Die ersten Negative waren aus Papier, das mit Silbersalzen lichtempfindlich und häufig durch Wachs transparenter gemacht wurde. Nach der Belichtung spannte man die entwickelten und fixierten Negative in Auskopierrahmen auf sogenanntes Salzpapier. Im Unterschied zu den späteren Positivmaterialien, die mit lichtempfindlichen Substanzen beschichtet wurden, ist dieses matt und lässt an der Bildoberfläche die Papierfasern erkennen. Der Entwicklungsprozess erfolgte im Sonnenlicht und wurde durch chemische Fixierer beendet, durch die auch der Farbton des Abzuges beeinflusst werden konnte. Vergrößerungen waren technisch noch nicht möglich, daher entsprach das Positivformat dem Negativformat und die frühen Kameras hatten entsprechende Dimensionen.

 

FOTOGRAF DER K.K. HOF- UND STAATSDRUCKEREI

Befestigungswall mit Rotenturmtor und Gonzagabastei

Österreich, Wien, März 1858

Salzpapierprint vom Glasnegativ, 37 x 50,7 cm

Vorne im Bild rechts unten ovaler Blindstempel »VON DER k.k. HOF- & STAATSDRUCKEREI IN WIEN

Ursprünglich zur Herstellung von Banknoten, Formularen u. Gesetzestexten gegründet, entwickelte sich die k.k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien unter der ehrgeizigen Leitung von Alois Auer ab den 1840ern zu einem »Polygraphischen Institut«. Dieses vereinte zeitgemäße verlegerische, typo- und druckgrafische Kompetenzen, betrieb Forschung und vertrieb eine breite Produktpalette. Der Fotografie wurde gegen 1850 eine eigene Abteilung eingerichtet. Fotografen wie Paul Pretsch, Leopold Weiß oder Joseph Puchberger arbeiteten hier mit verschiedenen Kasten- und einer Panoramakamera, widmeten sich aber auch der Mikrofotografie. Ihre Ergebnisse wurden anlässlich der Londoner Weltausstellung erstmals mit Preisen ausgezeichnet, wobei besonders die großen Formate Anklang fanden.

 

Ab März 1958 dokumentierte man den Abbruch der barocken Befestigungsanlage in Wien. Der breite Wall mit 8 Toren und 10 Basteien war im 19. Jahrhundert als Promenade beliebt. Nach der Abtragung wurden hier die Ringstraße und deren Prachtbauten errichtet. Die vorliegende Aufnahme zeigt jenen Wall-Bereich, der wenig später zum Franz-Josefs-Kai wurde. Im Vordergrund verläuft vom Rotenturmtor die Straße nach rechts, zur außerhalb des Bildausschnitts liegenden Ferdinandbrücke. Bild einwärts erstrecken sich hintereinander Gonzaga- und Elendsbastei. Am Horizont entdeckt man links Maria am Gestade, rechts Neubauten am heutigen Schottenring. Der panoramatische Blickwinkel wurde durch einen hohen Kamerastandpunkt von der nahegelegenen Kaserne aus möglich. In ihm manifestiert sich beispielhaft der von Auer formulierte Anspruch einer fotografischen Aneignung von Welt.

 

Auf dem vordersten Wall-Teil steht ein Polizist, davor ein Arbeiter mit einigen Brettern – hier entsteht eben eine Absperrung, denn der Beginn der Abrissarbeiten steht bevor. Bei dem prägnanten Haus neben dem Wall, dessen Sonnen-beschienene Schmalseite bildparallel ausgerichtet ist, handelt es sich um das »Müllersche Gebäude« (1889 demoliert). Es beheimatete das Kunstkabinett des Grafen Deym mit Nachbildungen antiker Skulpturen, lebensechten Wachsfiguren sowie Musik-Automaten. Die Präsentation der Exponate in üppigem Ambiente fand großen Zulauf, die Repliken konnten auch erworben werden. Damit erfüllte diese Institution ein Ideal, das der Vision Auers von der k.k. Hof- und Staatsdruckerei als Medienkonzern nicht unähnlich war: die Verbindung von Unterhaltung, Bildung und Produktwerbung. Mediengeschichtlich gesehen waren derlei Kabinette und ihre Schauwerte jedoch bald obsolet, während der Höhepunkt der Verbreitung von fotografischen Bildern noch bevorstand.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Monika Faber, Maren Gröning, Stadtpanoramen. Fotografien der k.k. Hof- und Staatsdruckerei 1850–1860, Wien 2005, S. 81.

 

WILLIAM HENRY FOX TALBOT (1800–1877)

Szene in einer Bibliothek

Tafel 8 aus »The Pencil of Nature«

Großbritannien, Wiltshire, Lacock Abbey, 1843

Kalotypie (Salzprint vom Papiernegativ) 13 x 17,9 cm, montiert auf Papier

 

In zwei schmalen Regalfächern stehen Bücher sowie natur- und geisteswissenschaftliche Zeitschriften, etwa The Philosophical Magazine, Botanische Schriften, Manners and Customs of the Ancient Egyptians, Poetae Minores Graeci und Lanzis Storia pittorica dell’Italia. Die Zusammenstellung wurde im Freien arrangiert und stammt aus William Henry Fox Talbots Bibliothek. Sie wird meist als ein intellektuelles Selbstporträt des englischen Privatgelehrten gesehen. Er hatte in den Disziplinen Mathematik, Astronomie, Sprachwissenschaft, Archäologie, Botanik, Physik und Chemie bereits mehrfach publiziert, bevor er 1839 seine fotografischen Erfindungen veröffentlichte.

 

Talbots folgenreichste Leistung war zweifellos die Entdeckung des Negativ-Positiv-Verfahrens, das er 1841 als Kalotypie patentieren ließ. Es war die technische Voraussetzung für die Vervielfältigung fotografischer Bilder. Zwischen 1844 und 1846 brachte er »The Pencil of Nature« in sechs Einzellieferungen heraus. Es ist das erste je erschienene Buch, das mit Fotografien illustriert ist, wobei in jedes Exemplar Salzpapierabzüge eingeklebt wurden. Praktikable Lösungen für die drucktechnische Vervielfältigung fotografischer Vorlagen entwickelten sich erst in der zweiten Jahrhunderthälfte. Im begleitenden Text erläutert Talbot die medienspezifische Besonderheit des Lichtbildes und die Bandbreite seiner Anwendungsmöglichkeiten.

 

»A Scene of a Library« ist Tafel 8 von insgesamt 24 und lässt sich mit zwei Gruppen von Glas- bzw. Porzellanobjekten auf Tafel 3 und 4 vergleichen – ebenso »additive« Arrangements, die weniger der Ästhetik des Stilllebens als einer archivarischen Ordnung entsprechen. Gerade im detailtreuen Registrieren und in der vergleichenden Zusammenstellung ähnlicher Dinge – ausgesuchten Fragmenten der Welt – sollte der Fotografie eine wichtige Funktion erwachsen. Das Bibliotheksmotiv liest sich wie eine Ankündigung der zentralen Rolle, die sie in Wissenschaft und Bildkultur in weiterer Zukunft spielen sollte, und zwar vor allem in reproduzierter Form in Printmedien. Im Bildtext spricht Talbot die Möglichkeit an, für das Auge Unsichtbares mittels der Fotografie festzuhalten und endet mit einem Verweis auf die Beweiskraft des Gedruckten.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Larry J. Schaaf, The Photographic Art of William Henry Fox Talbot, Princeton University Press 2000, S. 191; Hubertus von Amelunxen, Die aufgehobene Zeit. Die Erfindung der Photographie durch William Henry Fox Talbot, Berlin 1989, S. 31.

ANDREAS GROLL (1812–1872)

Halbharnisch des Ferdinand Alvarez von Toledo, Herzog von Alba

Österreich, Wien 1858

Salzpapierprint, 25,7 x 17,2 cm

 

Es gibt einen mentalitätsgeschichtlichen Zusammenhang zwischen der Institution des Museums und der Fotografie als bildlichem Dokumentationsmedium: beide dienen der Sammlung und klassifizierenden Archivierung, indem sie Objekte gleichsam aus den lebensweltlichen und historischen Kontexten lösen, um eine neueOrdnung herzustellen und anschaulich zu vermitteln. Die naheliegende Verbindung zeigt sich auch an einer der ersten österreichischen Buchpublikationen, die mittels Fotografien illustriert wurde, dem von Eduard von Sacken verfassten Sammlungskatalog der »Heldenrüstkammer« des Habsburgers Erzherzog Ferdinand von Tirol (1529–1595).

 

Diese Sammlung an Rüstungen und Waffen von bedeutenden Feldherren wurde im späten 16. Jahrhundert neben Bibliothek, Gemäldesammlung, Kunst- und Wunderkammer am Renaissanceschloss Ambras in Tirol angelegt. Der Bestand kam 1806 nach Wien und ist heute am Kunsthistorischen Museum (KHM) beheimatet, darunter auch der von Andreas Groll aufgenommene Halbharnisch des Herzogs von Alba.

 

Andreas Groll war ein Pionier der frühen fotografischen Praxis in Österreich, er arbeitete seit 1852 als einer der ersten Fotografen hauptberuflich und erlangte in vielen Genres und Techniken ein hohes Maß an Fertigkeit; am bekanntesten sind seine Architekturaufnahmen im Raum Österreich-Ungarn. Der vorliegende Salzpapierabzug zeigt einen von Desiderius Helmschmid um 1546 gefertigten Halbharnisch und besticht durch seine Detailtreue in der Wiedergabe. Diese erreichte Groll nicht nur durch seine professionelle Aufnahmetechnik, sondern auch durch eine ausgeklügelte Lichtregie und Positionierung des Objektes.

 

Die aktuelle, brillante Farbaufnahme, mit der dieser Harnisch heute auf der Website des KHM vorgestellt wird, lässt die figürlichen Gravuren auf den Brustplatten kaum erkennen, während bei Grolls 150 Jahre altem, leicht verblichenem Print klar lesbar ist, dass es sich um die Darstellung eines vor einem Kruzifix knienden Kriegsherrn in Rüstung handelt. In diesem Unterschied könnte man auch einen Hinweis darauf sehen, wie sich die Ansprüche und das Selbstverständnis des Museums und seiner Bildmedien in den vergangenen 150 Jahren geändert haben.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Eduard von Sacken, Die vorzüglichsten Rüstungen und Waffen der k.k. AmbraserSammlung in Originalphotographien, 2. Band, Wien (Braumüller) 1862, Tafel XXXI.

JAMES ROBERTSON (1813–1888)

Bombproof Magazine

No 46 from an album on the CrimeanWar

Russian Empire, CrimeanPeninsula, 1855

Salt print, 22.3 x 29.2 cm

Signed »Robertson« in ink in the image lower right, titled and numbered in pencil on the mount

 

Der russisch-türkische Krimkrieg (1853–1856) begann anlässlich religiöser Streitigkeiten um den Schutz orthodoxer Christen in Jerusalem bzw. im osmanischen Reich. Die katholischen Franzosen und die protestantischen Briten kämpften aufseiten der Türken, um eine russische Machtausweitung in Europa zu verhindern. Die entscheidenden Kampfhandlungen fanden 1854/55 auf der Krimhalbinsel am Schwarzen Meer statt, wo die Alliierten ein Jahr lang die Festung Sewastopol belagerten und schließlich im September 1855 einnahmen.

 

Traurige Berühmtheit erlangte dieser erste Stellungskrieg durch die schlechte Logistik sowie katastrophale medizinische Versorgung der Truppen, die vor allem in britischen Zeitungen angeprangert wurde. In diesem Zusammenhang sind auch die Krimkriegsaufnahmen von Roger Fenton aus der ersten Jahreshälfte 1855 zu sehen, die diese Vorwürfe implizit entkräften und viele Porträts der Militärs und Genreszenen zeigen (»picknick-war«). Seine schriftlichen Aufzeichnungen zeugen außerdem von den widrigen Umständen, mit denen Kriegsfotografen der Kollodium-Epoche zu kämpfen hatten.

 

Die militärisch entscheidende Phase des Krimkrieges, der Fall Sevastopols, wurde allerdings durch James Robertson und Felice Beato fotografisch dokumentiert. Robertson war ein britischer Graveur, der seit 1841 für die osmanische Münze in Konstantinopel arbeitete. Dort eröffnete er in den frühen 1850ern auch ein Fotostudio. Seine Aufnahmen von Denkmälern in Griechenland, Ägypten und Palästina wurden international ausgestellt und publiziert, am bekanntesten blieben jedoch seine Krimkriegsbilder.

 

Die vorliegende Aufnahme zeigt laut Beschriftung ein »bombenfestes Lager«. Auszumachen ist ein von labyrinthischen Gräben durchfurchtes Terrain mit jenen geflochtenen Korbzylindern, die man zur Befestigung der Erdwälle verwendete, am Horizont ein Armeezelt. Es ist bekannt, dass Robertson die eingenommenen russischen Stellungen um Sewastopol aufnahm. Es könnte sich hier also um einen Teil jenes Systems aus Feldschanzen, Batteriestellungen und Schützengräben handeln, das der russische Ingenieuroffizier und spätere General Eduard I. Totleben zur Sicherung Sewastopols anlegen ließ. Bombenfestigkeit war jedenfalls im Krimkrieg wichtig, wurden doch in diesem Krieg vielfach große Geschütze eingesetzt, wie erstmals auch Bombenkanonen zur Abwehr von Schiffen.

 

Marie Röbl, © OstLicht

Historische Reisefotografie

 

Bereits früh wurde die Fotografie zur Dokumentation von Bau- und Naturdenkmälern in fremden Ländern eingesetzt, denn ihre Aufnahmen versprachen Authentizität und boten die Möglichkeit einer von der unmittelbaren Anschauung unabhängigen Besichtigung. Aus verschiedenen (etwa technischen) Gründen blieben ungestellte Bilder vom Alltag und den Menschen fremder Kulturen zunächst selten, deren Darstellung findet sich meist in inszenierten Atelierszenen.

 

Durch Weiterentwicklungen nach 1850, wie dem nassen Kollodiumverfahren und dem Albuminpapier, konnte die Bildschärfe deutlich gesteigert werden, was den Reiz eingehender Betrachtung natürlich erhöhte. Durch ersteres wurde zwar die Arbeit der Reisefotografen im Gelände nicht gerade erleichtert, aber die Produktion von vielfachen Abzügen in den Kopierwerkstätten wurde praktikabler. Auf den Hauptstationen der Grand Tour, vor allem in Italien, entstand ein reger Markt für Ansichten von Sehenswürdigkeiten und Stadtveduten. Mit den Anfängen des Massentourismus wurden Fotografien bzw. Fotoalben zum beliebten Reiseandenken. Die Fotosammlung OstLicht beherbergt zahlreiche Reisealben, die mehr als 10.000 Aufnahmen enthalten, vor allem aus Europa, Afrika und Asien.

 

ROBERT MACPHERSON (1811–1872)

Tempel der Vesta

Italien, Tivoli, ca. 1858

Albuminpapierabzug, 37,2 x 31,2 cm, montiert auf Karton

Am Karton unten Fotografenblindstempel »R. Macpherson Rome«, mit Bleistift handschr. num. »115«

Der Schotte Robert Macpherson war ausgebildeter Chirurg, bevor er 1840 nach Romzog, um sich dort der Malerei und dem Kunsthandel zu widmen. Ab 1851 erlernte er das damals neue »Nasse Kollodium-Verfahren« mit Glasnegativen im Format von 12x16 Inch (ca. 30x40 cm) und erlangte bald ein hohes Niveau. Vor allem seine Veduten mit antiken Sehenswürdigkeiten waren bei den ästhetisch geschulten, bürgerlichen Romtouristen begehrt.

 

Der sogenannte »Tempel der Vesta« auf der Akropolis in Tivoli ist ein römischer Rundtempel mit einem korinthischen Säulengang. Seit dem frühen 18. Jahrhundert fand das antike Bauwerk großes Interesse, etwa bei klassizistischen Architekten, die die Struktur des Gebäudes oder Details der Bauplastik übernahmen. Maler fanden in ihm ein ideales Motiv, vor allem aus größerer Distanz, die die Ruine in ihrer spektakulären Umgebung, dem beeindruckenden Tal der Kaskaden mit Schluchten und Wasserfällen, zeigt. Macpherson war die prominente Rezeptionsgeschichte des Bauwerks mit Sicherheit vertraut – wie wohl auch seiner gebildeten Kundschaft – und er hatte verschiedene Ansichten dieses Tempels in seinem Katalog.

 

Mit der vorliegenden Aufnahme positioniert sich Macpherson bewusst abseits von der bekannten ikonografischen Tradition. Durch die Nahsicht sowie den engen Ausschnitt »enträumlicht« und »versachlicht« er ein Motiv, das gerade durch seine ungewöhnliche Topografie – der Rundtempel steht am Rande einer Klippe inmitten des gewaltigen und zerklüfteten Gebirgsterrains – und seine pittoreske Darstellung im Rahmen der Landschaftsmalerei charakterisiert war. Macphersons Konzentration auf den förmlich aus der Umgebung geschnittenen Baukörper ist eine eminent fotografische, modern wirkende Bildlösung, die auf spätere Entwicklungen wie die Neue Sachlichkeit vorauszuweisen scheint.

 

Macphersons Modernität zeigt sich auch im Vergleich mit den konventionelleren Ansichtskartenmotiven aus mittlerer Distanz, die in den folgenden Jahrzehnten für den aufsteigenden Tourismus-Markt entstanden. Als in den 1860er Jahren damit begonnen wurde, römische Stadtansichten im großen Stil zu vertreiben, behielt Macpherson seine Exklusivität bei und entzog seine Aufnahmen einer massenhaften Vermarktung, indem er seine Auflagen begrenzte. Auch heute noch sind seine großformatigen, detailreichen Abzüge gesuchte Sammlerstücke.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Therese Mulligan and David Wooters, Photography from 1839 to today, George Eastman House Collection, Rochester, NY. / Cologne 1999, p. 144.

 

GIORGIO SOMMER (1832–1914)

Dom und schiefer Turm von Pisa

Italien, Pisa um 1865

Albuminpapierabzug, 18,4 x 24,4 cm, montiert auf Originalkarton

Im Neg. links unten bezeichnet »Nr. 3875. Il Duomo.Pisa.«, am Karton Blindstempel »Giorgio Sommer, Studio Monte di Dio 4, Magazzino S. Caterina5, Napoli«; »Depot a Florence Via Maggio 15, J. Brecker«, auf Deutsch handschr. betitelt

 

Der deutsche Fotograf Georg Sommer zog um 1855 nach Italien und reüssierte zu einem der bekanntesten Fotografen italienischer Landschaften, Baudenkmäler und Kunstwerke. Er verkaufte seine Aufnahmen in sämtlichen Formaten bis zur Visit- undStereokarte an Reisende. Nach Anfängen in Rom eröffnete er in den späten 1850ern ein Atelier in Neapel, wo viele Genreszenen entstanden, ab 1880 als Freilichtaufnahmen. Bekannt sind auch seine Fotografien von den Ausgrabungen in Pompei und vom Vesuvausbruch 1872.

 

Die Aufnahme zeigt den Dom von Pisa mit dem schiefen Turm, eine klassische Sehenswürdigkeit, die häufig fotografiert wurde – wobei die unbebaute Fläche um den Dom viele Blickwinkel auf das Motiv zulässt, was zu signifikanten Variationen in der jeweiligen Bildauffassung führt. Sommers Komposition zeichnet sich durch die Verbindung der beiden Baukörper zu einer kompakten Form aus, in der orthogonale Linien betont werden. Durch ein starkes Hell-Dunkel, das Sommer mithilfe dunkelvioletter Tönung des Prints erreichte, wird die Oberfläche der Architektur spannungsreich akzentuiert.

 

Die verschiedenen Beschriftungen geben Hinweise auf Sommers professionelle Vertriebsstrukturen: Zunächst zeugt die ins Glasnegativ einmontierte Etikette, die in weißer Schrift auf schwarzes Papier gedruckt war und am Positiv links unten zu sehen ist, von einem gewerbsmäßigen Negativarchiv. Dieses führte ein Mitarbeiter in der Hauptstadt mit ihrem großen Absatzmarkt nicht nur unter den Touristen, sondern auch unter den hier tätigen internationalen Künstlerkreisen. Der Blindstempel am Karton rechts unten gibt Aufschluss über Sommers Standorte in Neapel (und damit auch ein Indiz zur Datierung des Abzugs): An der angeführten Adresse Monte di Dio 4 betrieb er zwischen 1860 und 86 sein Studio und im Magazzino S. Caterina 5 ein Lager. Ein weiterer Stempel mittig am Karton verweist auf den deutschen Händler J. Brecker in Florenz, bei dem Sommer ein ständiges Depot unterhielt.

 

Die handschriftliche Betitelung in Bleistift legt schließlich nahe, dass der Abzug von einem Kunden aus dem deutschsprachigen Raum erworben wurde. Hier war Italien als relativ nahe liegendes Reiseziel besonders beliebt. In der Verbindung von kultureller Bildung, Erholung in südlichem Klima sowie persönlicher Selbstfindung konnten Erfahrungen gemacht werden, wie sie in Johann Wolfgang von Goethes Schriften paradigmatisch beschrieben sind.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Giorgio Sommer in Italien. Fotografien 1857–1888, hrsg. v. Marina Miraglia, Pino Piantanida, Ulrich Pohlmann, Dietmar Siegert, Kat. München 1992. Giorgio Sommer (1834–1914). Photographien aus Italien, Kat. Neue Galerie der Stadt Linz 1985, S. 40 (Abb.)

 

WERKSTATT VON KIMBEI KUSAKABE (1841–1934)

Begrüßungszeremonie

Aus den Reisealben des Tenors Anton Schittenhelm

Japan, Yokohama, ca. 1880Albuminpapierabzug, 20,2 x 26,2 cm

 

Nach einer jahrhundertelangen Politik der strikten Abgeschlossenheit wurde Japan ab 1854 von den Amerikanern mit kolonialistischer Offensivität zu Handelsverträgen aufgefordert und öffnete sich dem westlichen Fortschritt. Seit einem Machtwechsel bzw. dem Beginn der Meiji-Restauration ab 1868 verlief die wirtschaftliche Entwicklung zur Industrienation erstaunlich rasch. Dagegen blieben die Japaner in kulturellen Dingen ihrer Tradition treu: Fotografieren galt lange als Entweihung und Seelenraub, westlichen Reisenden wurde das Fotografieren untersagt.

 

Erst durch die Anpassung an die japanische Kultur begann sich die Fotografie um 1880 durchzusetzen. Artifizielle Inszenierungen im Atelier, ein Motivrepertoire an bestimmten Genreszenen, Typenporträts und kanonische Landschaftsaufnahmen orientierten sich häufig am Farbholzschnitt, der japanischen Kunst des Ukiyo-e. Das wichtigste hieraus entlehnte Stilmittel war das Kolorieren der Abzüge. Es wurde zum typischen Merkmal japanischer Fotografie, die über die Reisealben westlicher Touristen nach Europa kam. Darüber hinaus waren auch die Reisealben selbst, mit ihren aufwändig lackierten, handbemalten und mit Perlmutter-Schnitzereien verzierten Deckeln, ein beliebtes Souvenir aus Japan.

 

Aus den Reisealben von Tenor Anton Schittenhelm (1849–1923), einem langjährigen Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, besitzt die Fotosammlung OstLicht eine große Anzahl an japanischen Albuminpapier-Abzügen. Diese Aufnahme zeigt zwei Japanerinnen bei einer inszenierten Begrüßung und besticht durch die exquisite Farbpalette der kolorierten Kimonos. Neben der tiefen Verbeugung mit übereinandergelegten Händen sind die Requisiten zur Teezubereitung sowie das im Vordergrund liegende Gastgeschenk typisch für diese traditionelle Zeremonie. Weitere Versatzstücke japanischer Wohnkultur sind die Reisstrohmatten (Tatami), das Blumengesteck (Ikebana) sowie der bemalte Faltschirm (Byobu).

 

Das Blatt entstammt einer Serie, die Schittenhelm wohl in der Hafenstadt Yokohama erworben hat, wo die meisten Reisenden aus Europa und Amerika ankamen bzw. abreisten und sich zahlreiche Ateliers etablierten. Die Serie umfasst neben der vorliegenden mehrere Szenen mit Geishas beim Musizieren und beim Teetrinken. Aufgrund der hohen Qualität der Malerei und der Ähnlichkeit in der Inszenierung können diese Blätter dem Umfeld von Kimbei Kusakabe (1841–1934) zugeschrieben werden.

 

Marie Röbl, © OstLicht 

NICHOLAS JOHN CAIRE (1837–1918)

Billy the Bull

Aus dem Album »Gippsland Scenery«

Australien, Victoria, ca. 1880Albuminpapierabzug, 16 x 20 cm

 

Vor 1900 waren Aufnahmen von australischen Ureinwohnern im Freien selten. Man fotografierte anonyme Aborigines meist in künstlicher »Wildnis« mit traditionellen Attributen im Atelier. Stereotypen – wie Krieger, junges Mädchen, Mutter mit Kind –wurden zwischen 1870 und 1890 zu Tausenden für den kommerziellen Markt produziert. Das zeitgenössische europäische Publikum nahm die vermeintlich anthropologischen Fotografien als realistische Porträts und Szenen aus dem Alltagsleben wahr.

 

Das vorliegende Porträt zeigt dagegen einen namentlich genannten Bewohner des Lake Tyers Gebietes vor einem Windschutz aus Laubwerk in einer Außenaufnahme. William Bull war der Vater von Hector Bull aus derselben Gegend, der 1934 von Percy Leason gemalt wurde. Die Darstellung entspricht der Realität eher als die eingangs erwähnten Atelieraufnahmen. Der Mann trägt westliche Kleidung, was meist der Fall war, sobald die Menschen europäischen Missionaren in die Hände gefallen waren. Der Fotograf entkam jedoch nicht der Konvention, ihn mit traditionellen Aborigines-Jagdinstrumenten darzustellen, obwohl William Bull vermutlich bereits seine nomadische Lebensweise aufgegeben hatte und sich als Arbeiter verdingen musste.

 

Gippsland liegt an der Südküste und wurde früh von den Weißen in Besitz genommen. Die massive Kolonisierung Australiens hatte die 750.000 geschätzten Ureinwohner vom ersten europäischen Kontakt 1788 durch eingeschleppte Krankheiten, Landraub und kriegerische Auseinandersetzungen bis 1901 auf ca. 67.000 dezimiert. Ein Großteil der von ihrem Land Vertriebenen wurde in abgelegenen Reservaten und Missionsstationen angesiedelt. Viele lebten auch am Rande der rasch wachsenden Städte und arbeiteten für geringe Löhne in der Landwirtschaft als Viehtreiber und Schafscherer oder als Dienstboten (Rollen, in denen sie kaum je fotografiert wurden).

 

Nicholas John Caire war ab 1858 Friseur in Südaustralien und wurde 1867 Berufsfotograf. 1870 zog er in die Kolonie Viktoria, wo er in der Goldgräbersiedlung Talbot sowohl als Friseur wie als Fotograf arbeitete. Im Jahr darauf konnte er bereits ein Atelier in der größeren Stadt Bendigo eröffnen, wo er Porträts und Landschaftsaufnahmen anbot. Sein Interesse galt der Kunst, wobei er sich auch selbst als Maler versuchte. Er gilt als Vorläufer der Piktorialisten, indem er den formalen Typus des Gruppenporträts zum Genrebild erweiterte oder Landschaftsszenerien um Darstellungen menschlicher Schicksale und pittoreske Effekte ergänzte. Damit entsprach er auch dem wachsenden Bedürfnis nach Bildern zur Konstruktion einer australischen Nationalität.

 

Ulla Fischer-Westhauser, © OstLicht

 

Die Autorin bedankt sich für die wertvollen Hinweise der Victorian States Library in Melbourne

Aktfotografie

 

Fotografische Darstellungen des nackten Körpers wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts salonfähig. Zuvor wurden Aktaufnahmen zwar durchaus hergestellt und vertrieben, aber kaum veröffentlicht. Das Genre verweist im besonderen Maß auf spezifische Eigenschaften und Diskurse des Fotografischen. So verleiht etwa die Referenzialität des fotografischen Bildes dem Schauwert intimer oder tabuisierter Sujets eine weitere (mitunter pornografische) Steigerung. Im breiten Beziehungsfeld zwischen Kommerz und Kunst zeigen sich anhand der Aktfotografie markante Positionen.

 

Das Spektrum reicht von der rein dienenden Funktion fotografischer Vorlagen in den sog. »Akademien« zu einem eminent fotografischen Bildthema mit hohen ästhetisch-formalen Ansprüchen, das in der Wiedergabe von Stofflichkeit (Haut, Tuch) und im Modellieren von Körperlichkeit mittels subtiler Hell-Dunkel-Abstufungen eine künstlerische Aufgabe findet. Weiters manifestieren sich besonders im Aktfoto zentrale Dispositive der Gesellschaft, wie Geschlechterrollen, Disziplinierungen des Körpers oder Blickregimes. Dabei steht das fotografische Bild generell zur Debatte: als Dokument wie als Instrument sozialer Konstrukte und politischer Machtverhältnisse.

 

ANTON JOSEF TRČKA (1893–1940)

Liegender Rückenakt

Österreich, Wien, ca. 1925

Silbergelatineabzug, 11,7 x 16,7 cm

Rücks. mit Bleistift beschriftet »Foto Ringwerkstaetten«, nummeriert »XIV«

Anton Josef Trčka wuchs als Sohn einer tschechischen Zuwandererfamilie in Wien auf. Er begann seine künstlerische Ausbildung 1911 in Karel Nováks Fotoklasse an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt, arbeitete aber stets auch in Dichtung, Malerei, Plastik und Kunstgewerbe. Erlangte er schon zu Lebzeiten kaum wirtschaftlichen Erfolg, wurde seine Rezeption auch dadurch erschwert, dass 1944 ein Großteil seines Œuvres durch einen Bombentreffer zerstört wurde. Mittlerweile sind seine Werke von der Forschung und am Kunstmarkt allerdings überaus anerkannt.

 

Die Frage, ob Fotografie als kommerziell ausgerichtetes Handwerk oder als eine reiner Gestaltung verpflichtete Kunst zu sehen sei, wurde in den Jahren nach der Jahrhundertwende heftig diskutiert. Eine Verbindung beider Auffassungen, der sogenannten professionellen Fotografie und der Amateur- bzw. Kunstphotographie, bot der Jugendstil. Trčkas wichtigste Vorbilder waren Schiele und Klimt; der Kunstanspruch seiner Aufnahmen zeigt sich beispielsweise in der artifiziellen Inszenierung und in der Orientierung an der prä-raffaelitischen und symbolistischen Kunst.

 

Trčka arbeitete seit 1925 im Atelier der Fotografin Hella Katz am Wiener Stubenring und gründete 1926 an ihrer Adresse die »Ringwerkstätten für Kunsthandwerk und Lichtbildkunst«, die bis etwa 1934 bestanden. In dieser Zeit schuf Trčka neben Akt- und Tanzstudien zahlreiche Porträts seiner Dichter- und Musikerfreunde aus der Anthroposophischen Gesellschaft, für die er auch Lesungen, Vorträge sowie eurythmische Tanzveranstaltungen organisierte.

 

An dem hier gezeigten Rückenakt lässt sich seine künstlerische Position deutlich ablesen: Der Einfluss des Jugendstils zeigt sich an der Formalisierung der Figur durch eine geschlossene, schwingende Umrisslinie; um die Liegende sind Tücher drapiert, jenes an der Rückenlehne des Polstermöbels hat Trčka selbst entworfen; eine Topfpflanze ist sorgfältig in die Komposition eingebunden. Schließlich akzentuieren mehrere ins Negativ gezeichnete und am Abzug weiß erscheinende grafische Elemente die Gestaltung, am deutlichsten sichtbar in der Nähe des Kopfes der Frau, aber auch neben ihrem Ellbogen am linken Bildrand sowie am und um den Blumentopf.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Monika Faber, Anton Josef Trčka 1893–1940, hg. Rupertinum Museum für zeitgenössische und moderne Kunst, Wien 1999, S. 105.

 

TRUDE FLEISCHMANN (1895–1990)

Aktstudie der Tänzerin Claire Bauroff

Österreich, Wien, Ebendorferstraße, 1925

Silbergelatineabzug, 21,6 x 14,5 cm, getont

 

Trude Fleischmann repräsentiert eine Generation aufstrebender Fotografinnen, die während des ersten Weltkrieges ihre Ausbildung absolvierten und in den 1920er Jahren moderne Porträtstudios in vielen Metropolen eröffneten. Sie eroberten damit eine Männerdomäne, die als kreatives Gewerbe auch ökonomisches Erfolgspotenzial bot. In Wien schlugen signifikant viele Frauen aus dem jüdisch-liberalen Bürgertum diese Laufbahn ein, seit weibliche Studenten an der »Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt« für die Foto-Kurse zugelassen wurden. Für die Berufsausübung der »assimilierten« Fotografinnen spielte ihr jüdischer Hintergrund kaum eine Rolle; er war allerdings ausschlaggebend, als der Nationalsozialismus diese Karrieren abrupt zunichtemachte. Unter den Wiener Fotografinnen war Fleischmann eine der wenigen, die emigrieren und ihre Laufbahn fortsetzen konnte (wenn auch ihr Negativarchiv verloren ging). Die Fotosammlung OstLicht beherbergt rund 240 Vintageprints aus ihrer Schaffenszeit vor 1938.

 

Nach der 6-jährigen Ausbildung hatte Fleischmann 1920 ihr Atelier eröffnet, in dem sie vor allem Bildnisse der Prominenz aus dem Kultur- und Geistesleben aufnahm, die sie auch über Agenturen vertrieb, in Zeitschriften publizierte und in Ausstellungen zeigte. Ein Großteil ihrer Kundschaft für diese Gesellschaftsporträts stammte aus den Bereichen Kunst, Theater, Musik und Tanz; daher lag das Genre der Rollenbilder und Bewegungsstudien als weiterer Arbeitsschwerpunkt nahe. Ihre Aktaufnahmen von der Münchner Tänzerin Claire Bauroff müssen auch vor dem Hintergrund der neuen Tanzbewegung, der lebensreformerischen Freikörperkultur sowie einem neuen weiblichen Selbstverständnis gesehen werden.

 

Modell und Fotografin waren beide zum Zeitpunkt der Zusammenarbeit 30 Jahre alt, und beide verkörperten das neue Frauenbild paradigmatisch. Bauroff war eine moderne Ausdruckskünstlerin, die rhythmische Gymnastik, Tanz und Schauspielerei studiert hatte; sie reüssierte in einem Stück von Frank Wedekind und in einem selbst-choreografierten Tanzdrama. Ihre Pose erscheint in Fleischmanns Komposition als eine perfekte Balance zwischen kraftvoller Spannung und hingebungsvollem Aufgehen in der Darstellung; keine Requisite, kein anekdotischer Titel, kein Blick lädt den Betrachter ein, über ein phantasmagorisches »Objekt der Begierde« zu verfügen. Die Positionierung der Figur im Bildformat folgt exakt diagonalen und orthogonalen Linien und betont damit eine Stabilität, die auch als Selbstbestimmtheit lesbar ist. Diese Wirkung mag ein Grund für den Skandal sein, den diese Fotografien auslösten.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Frauke Kreutler, Skandal in Berlin. T. Fleischmanns Inszenierung der Tänzerin Claire Bauroff, in: Dies., A. Holzer (Hg.), Trude Fleischmann. Der selbstbewusste Blick, Kat. Wien Museum 2011, S. 104–118

SAM HASKINS (1926–2009)

Ohne Titel

Großbritannien, London, ca. 1965

Silbergelatineabzug, 38 x 30,7 cm

Rücks. in Bleistift beschriftet »Pentax Coll.-Nr. 8750-50-111«

 

Sam Haskins gilt als Pionier der Aktfotografie der Sechziger. Bis 1968 arbeitete er im südafrikanischen Johannesburg, danach in London. Seine Arbeit war gleichermaßen wegweisend für Grafikdesigner und Fotografen, etwa Jeanloup Sieff oder David Bailey, aber auch für Entwicklungen in der filmischen Bildsprache. Haskins fotografierte mit Vorliebe junge Frauen, die nicht aus professionellen Model-Kreisen stammten und seiner Kamera in natürlichen, auch bewegten Posen selbstbewusst entgegen traten. Unschärfe und Grobkörnigkeit sind essenzielle Gestaltungsmittel seiner Bildästhetik.

 

Ein bestimmender Faktor seiner Arbeit ist auch das performative Element, sein Augenmerk darauf, die Wahrnehmung seiner Fotografie durch Kontextualisierung zu lenken: So führte er seine Aufnahmen häufig in abendfüllenden, von Musik begleiteten Diashows vor, wobei er bis zu 500 Mittelformat-Dias zeigte. Nachhaltig einflussreich und in hohen Auflagen produziert wurden seine Fotobücher »Cowboy Kate«(1964) und »November Girl« (1966). In zeitgemäßem Layout publizierte Haskins hier Fotosequenzen sowie Montagen aus Akt- und Landschaftsmotiven. Die narrativen Inhalte manifestieren sich dabei ausschließlich über die Bilder, ihre Kombination und Organisation.

 

Aus der Entstehungszeit dieser Bücher stammt auch die vorliegende Aufnahme, bei der Bewegungsunschärfe und Lichtführung effektvoll eingesetzt sind. Sie ist stilistisch mit einigen Bildern in »November Girl« vergleichbar, etwa jenen aus der berühmten »black rain coat«-Serie. Auch der intensiv sprechende – oder sogar schreiende – Ausdruck des Mädchens findet sich dort.

 

Für die Geschichte der Aktfotografie begann mit Bildern wie diesem ein neues Kapitel, abseits von formelhaften Pin-ups oder klassischen Studioaufnahmen. Als sich in den 1960er Jahren die Geschlechterrollen langsam zu verändern begannen, blieben Frauen zwar weiterhin Objekt für viele männlich-begehrliche Blicke. Und sie blieben auch häufig ein Motiv für fotografische Darstellungen, die diese Blick- und Machtverhältnisse bildlich inszenieren – aber immerhin eröffnet sich nun ein erweiterter Bewegungsspielraum für die Modelle, eine neue Freiheit, die auch im Zusammenhang mit jener Bewegung steht, die als sexuelle Revolution bekannt ist.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Sam Haskins, November Girl, London 1966

NOBUYOSHI ARAKI (* 1940)

Kinbaku

Japan, Tokio, 1993

Silbergelatineabzug, 39,5 x 31,6 cm

Rücks. signiert in Bleistift

 

Der in Minowa, Tokio geborene Nobuyoshi Araki zählt heute zu den bekanntesten Fotografen Japans. Seine Ausbildung in Fotografie und Film erhielt er an der Chiba Universität. Danach arbeitete er als Werbefotograf für »Dentsu«, der größten Werbeagentur Japans. Bereits während seiner Anstellung folgte er privat seinen eigenen Interessen und fotografiert seine Heimatstadt und deren Bewohner, sowie seine Arbeitskolleginnen.

 

Sein Œuvre ist immens: manisch fotografiert er täglich alles was er erlebt und organisiert die Aufnahmen in Sequenzen, die er in Büchern, als »Arakinema« (zu einem Film kombinierte Einzelbilder) oder in Ausstellungen an öffentlichen Plätzen, in Nudelrestaurants oder Galerien und Museen publiziert. Seine Fotografien sind biografisch-dokumentarisch im Sinne der japanischen »I-Novel« (Ich-Roman), die dadurch charakterisiert ist, dass die Erfahrungen und Erlebnisse des Autors und deren möglichst realitätsgetreue Darstellung als Ausgangsmaterial für ein fiktionales Geschehen dienen, das wiederum exemplarisch gesellschaftliche Zustände abbildet. Araki selbst bezeichnet seinen Umgang mit dem Medium als »I-Photography«.

 

In diesem Bedeutungs- und Entstehungskontext sind auch seine erotischen Fotografien zu verstehen. Fotografie ist für Araki untrennbar mit verbaler und auch körperlicher Interaktion mit dem Model verbunden. Der Akt des Fotografierens ist für ihn ein erotisches Erlebnis: eine Art mit dem Model in Beziehung zu treten. Die gefesselte Frau ist dabei ein häufiges Sujet. Kinbaku, eine japanische Variation von Bondage, geht auf die mittelalterliche Kampfkunst Hojojutsu zurück. Im 19. Jahrhundert wurde das Fesseln im sexuellen Kontext durch Holzschnitte und Malereien der Edo Periode verbreitet.

 

Die vorliegende Aufnahme erschien in Arakis Buch »Sentimental Voyage«, in einer Abfolge mit Landschaftsfotografien, Blumenstillleben, Aufnahmen von Tokio, seiner verstorbenen Frau und seiner Wohnung, die zu einem Tagebuch-artigen Bildkomplex verschmelzen.

 

Michaela Seiser, © OstLicht

 

Lit.: Nobuyoshi Araki, Sentimental Voyage, Prato 2000

Pressefotografie

 

Etwa seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Grafiker:innen in den Zeitschriftenbüros von den Pressefotograf:innen abgelöst, die in Anlehnung an das frühere Berufsbild »Illustrations-Photographen« genannt wurden und den Bildredakteuren unterstellt waren. Die Fotografie erreichte mit ihrem Einsatz in gedruckten Massenmedien eine Reichweite und Einflusswirkung wie nie zuvor: Ihre Bilder prägten die kollektive Wahrnehmung vieler Ereignisse und Persönlichkeiten; allerdings machte sie ihre vermeintlich unbestechliche Objektivität auch für politische Propaganda instrumentalisierbar.

 

In der Zwischenkriegszeit erlebte die Pressefotografie eine erste Hochblüte. International agierende Bildagenturen übernahmen den Vertrieb und die Veröffentlichung von tagesaktuellen Bildern (wobei deren Credits oft die Namen der Fotograf:innen vernachlässigten). Neue Kleinbild-Kameras wie sowie lichtempfindlichere Filmemulsionen ermöglichten Aufnahmen an fast jedem beliebigen Ort. Die neue Technik schuf so die Voraussetzung zur Herausbildung einer neuen Bildsprache sowie eines neuen Selbstverständnisses der Fotograf:innen.

 

UNBEKANNTER FOTOGRAF

Taking the danger out of flying tricks

USA, Los Angeles, 1932

Silbergelatineabzug, 24,7 x 19,5 cm

Vorne im Bild Ausschnittmarkierungen in schw. Tinte; rücks. Agenturstempel »Wide World Photos«, Datumsstempel »26.4.1932«, Labels mit Agenturtext

Der Agenturtext des kalifornischen Büros von World Wide Photos auf der Rückseite des Fotos lautet: »All the acrobatics known to aviation can be performed on this queer aeroplane just given its debut at Los Angeles, with the added advantage of the danger being absent. Equipped with standard controls, and powered by an electric motor, it loops, banks, turns at its safe altitude of a few feet, and is said to be invaluable in teaching student pilots the rudiments of flying«.

 

Das Foto erschien am 27. April 1932 im linkspolitisch orientierten Wiener Blatt »Der Abend« und die Redaktion machte daraus folgende Bildlegende: »In der Fliegerschule von Los Angeles, Kalifornien, dem Hauptplatz des amerikanischen Flugwesens, wurde ein Apparat eingeführt, der dem Flugschüler in kürzester Zeit vollständige Schwindelfreiheit und Gewöhnung an den scharfen Luftzug beibringt. – Das mit der Schwindelfreiheit würde den Apparat auch für österreichische Bankdirektoren verwendbar machen«.

 

Dieser letzte Satz sollte den Zustand des österreichischen Bankwesens nach der massiven Bankenkrise ab 1930 auf den Punkt bringen, deren Höhepunkt der Fall der Creditanstalt war. Zwischen 1931 und 1933 mussten der Staat und die Nationalbank eine Milliarde Schilling zur Sanierung der Wiener Banken aufwenden. Die darauf folgende Wirtschaftskrise machte 1932 zum schwärzesten Krisenjahr der Ersten Republik. »Der Abend«, während des ersten Weltkrieges vom Journalisten Carl Colbert (1855–1929) gegründet, war eine sozialkritische, sozialdemokratisch-marxistisch ausgerichtete Tageszeitung, die sich zur lokalpolitischen Boulevardpresse zählen lässt. Das Blatt veröffentlichte in jeder Ausgabe eine Seite mit Bildern, die in keinem Zusammenhang untereinander oder zu den restlichen Artikeln der Zeitung standen. Begleitet waren sie durch kurze, teils polemische Bildunterschriften.

 

Die Bildautoren – in diesem Fall wohl ein amerikanischer Pressefotograf – hatten ihre Rechte den Agenturen veräußert und wurden nur selten genannt. »Wide World Photos« ist die Fotoagentur der US Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Deutlich erkennbar trägt das Foto die für Pressefotos typischen Markierungen an den Rändern, mit denen der Bildredakteur den gewünschten Bildausschnitt festlegte. Zusätzlich sind Retuschen erkennbar, um die Kontraste zu schärfen, da die Druckqualität in den Tageszeitungen eingeschränkt war. Der Abzug führt diese historischen Verwendungskontexte und Bearbeitungsschritte vor Augen und stammt aus dem Bildarchiv der »Arbeiter-Zeitung« (erschien ab 1970 unter dem Namen »AZ«, eingestellt 1991), das offenbar ältere Bestände übernommen hatte.

 

Ulla Fischer-Westhauser / Marie Röbl, © OstLicht

 

UNBEKANNTER FOTOGRAF

Die Belastungsprobe der neuen Stadionbrücke über den Donaukanal

Österreich, Wien, 1937

Silbergelatineabzug, 15,9 x 20,9 cm

Rücks. Zeitungsclip mit Bildtitel, handschr. nummeriert »1158« und datiert »24.9.1937«

 

Der Fotograf dieser Aufnahme befand sich auf einem Gerüst am Gebäude Schlachthausgasse 2, Ecke Ludwig-Kösslerplatz. Andere Fotografen brachten sich nicht nur links und rechts der Brücke in Stellung: Der links vom Bildzentrum sichtbare Bildreporter Fritz Zvacek wagte sich sogar auf die Spitze einer fahrbaren Leiter um von dort aus Bilder von einem Ereignis aufzunehmen, das nicht wirklich spektakulär war, aber vielleicht doch noch hätte werden können...

 

Die 1873 für die Wiener Weltausstellung errichtete Kaiser-Josefs-Brücke, 1919 in Schlachthausbrücke umbenannt, stellte die erste Verbindung zwischen dem 3. Bezirk und dem Prater her. Diese Bogenbrücke mit einer Stützweite von 60 und einer Fahrbahnbreite von fast 10 Metern konnte der Verkehrsentwicklung in der Ersten Republik, die auf das Ansteigen des Sportbetriebes im Prater und die Errichtung des Stadions zurückzuführen war, nicht mehr gerecht werden. Der Neubau griff auf die Entwürfe für die zuvor errichtete Rotundenbrücke zurück. Auch die neue Brücke war wieder eine Bogenbrücke. Mit der Planung und Ausführung der Eisenbetontragwerke und Stahlbrücke wurde die Wiener Brücken- und Eisenkonstruktions AG mit der Firma Ing. Mayreder, Kraus & Co. für den Unterbau und dem Architekten H. Kutschera für die baukünstlerische Ausgestaltung der Brücke betraut. Bei einer Stützweite von 55 Metern erhielt die Fahrbahn eine Breite von 12 Meter – Platz für zwei Fahrbahnen und zwei Straßenbahngleise. Die Stadionbrücke wurde im Herbst 1937 dem Verkehr übergeben und kostete 2,4 Millionen Schilling. Im Zuge der Kampfhandlungen wurde sie im April 1945 zerstört.

 

Am gegenüberliegenden Ufer liegt die Siedlung Wasserwiese, scheinbar im Wald versteckt. Die Gebäude rechts gehören zum damaligen Depot der Wiener Staatsoper, die bis zum Ende der Monarchie als k.k. Hof Fourage Depot (Pferdefutterlager) genutzt worden waren.

 

Die Fahrtrichtung der Fahrzeuge auf der Brücke zeigt die schon seit der Monarchie bestehende Linksverkehrsordnung. In der Ersten Republik kam es zu verwirrenden Situationen, da in mehreren Bundesländern sowohl Links-, als auch Rechtsfahrordnungen erlassen wurden, die durch mehrsprachige Hinweistafeln geregelt wurden. Die 1929 vom Parlament beschlossene Allgemeine Rechtsfahrordnung wurde nicht überall umgesetzt. Vor allem Wien weigerte sich noch lange mit dem Hinweis auf die komplizierte und teure Umstellung der Straßenbahn. Erst mit dem Anschluss 1938 wurde das Rechtsfahrgebot durchgesetzt.

 

Ulla Fischer-Westhauser, © OstLicht

WALTER HENISCH (1913–1975)

Angriff der Deutschen Wehrmacht auf einen sowjetischen Waffentransport

Aus der Mappe »Russland I, Kampfbilder«

UdSSR, Smolensk, August 1941

Silbergelatineabzug, 23,3 x 17,1 cm, montiert auf KartonRücks. Negativnummer »2379/22a« und nummeriert »H1/13« in Bleistift

 

In der Dokumentation von Kriegsschauplätzen erfährt das Berufsbild des Pressefotografen eine Zuspitzung, die dessen Anforderungen wie Mythen besonders deutlich macht: Als »unsichtbarer Beobachter« taucht der Fotograf ins Geschehen ein; er registriert es, vermeintlich neutral, mit verinnerlichter Apparatur. Die Virtuosität des Fotojägers zeigt sich dort, wo er im richtigen Augenblick, gleichsam automatisch, reagiert. Freilich erfordert das Paradigma des Dokumentarischen einen hohen Aufwand an fotografischer und editorischer Gestaltung um (etwa durch Unschärfe und Ausschnittwahl) authentisch wirkende Fotografien zu schaffen. Die Bildfindung steht im Dienste einer Dramaturgie, die imstande sein muss, auch zeitliche, kausale und inhaltliche Kontexte eines Momentes zu verdeutlichen.

 

Nach einer Friseurlehre begann Walter Henisch 1932 als freiberuflicher Fotograf in Wien zu arbeiten, u.a. für die Hitlerjugend. Während des Krieges arbeitete er in Propagandakompanien der Deutschen Wehrmacht. Er fotografierte an den Kriegsschauplätzen in Polen, Frankreich, Russland und am Balkan, wobei er neben den offiziellen Aufnahmen auch die Bevölkerung der besetzten Gebiete, Landschaften und Städte aufnahm. Nach dem Krieg gestaltete er aufwändige Fotoalben und zeigte seine Bilder vor allem im privaten Kreis, begleitet von Kriegserzählungen. Dieser Nachlass, der über 1.100 Abzüge umfasst, befindet sich in der Fotosammlung OstLicht.

 

Der Schriftsteller und Sohn des Fotografen, Peter Henisch, verarbeitete dieses Erbe in einem Roman. Darin wird ein Bericht von Walter Henisch über das Zustandekommen der vorliegenden Aufnahme wiedergegeben: »Über einen Bahndamm zu kommen, der ungefähr in Hüfthöhe von den Russen beschossen wurde (...), war wirklich russisches Roulette. Zuerst liegt die Gruppe in Deckung: das ist ein Bild. Ein weiteres Bild: die krampfhafte Spannung in den Gesichtern. Sprung auf vorwärts – Soldaten, die rennen – Geduckte Soldaten – Zusammenbrechende – Schreiende (...). Eine Folge von 20 bis 30 Bildern. Von mir exponiert. Unter längst zum Instinkt gewordener Einschätzung der Licht- und Bewegungsverhältnisse. Im nächsten Unterstand werde ich diese Bilder ausarbeiten«.

 

Kurz nach Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion startete die Offensive der Wehrmacht in Richtung Smolensk, wo die Rote Armee eine neue Verteidigungslinie aufgebaut hatte. Dabei wurden große Teile der Roten Armee eingeschlossen. Auch wenn der als Blitzkrieg geplante Vorstoß nach Moskau verzögert wurde, war diese sogenannte Kesselschlacht ein operativer Erfolg für die Wehrmacht – der unvorstellbare Verluste für die russische Seite bedeutete. Insgesamt verlor die Rote Armee während der zweimonatigen Smolensker Operation rund 760.000 Mann.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Peter Henisch, Die kleine Figur meines Vaters, Wien 1975, S. 95 (Zitat); Christian Stadelmann / Regina Wonisch (Hg.), Brutale Neugier. Walter Henisch, Kriegsfotograf und Bildreporter, Kat. Wien Museum, 2003, S. 57, 36

ERNST HAUSKNOST (1906–1996)

Hahnenkammrennen in Kitzbühel

Österreich, Bad Gastein, 1948

Silbergelatineabzug, 13 x 18 cm

Rücks. Fotografenstempel

 

Das Hahnenkammrennen, heute Höhepunkt des jährlichen Schizirkus in Österreich, wurde erstmals 1931 ausgetragen. Damals gab es noch keine festgelegte Rennstrecke und die Austragungsorte im Kitzbüheler Skigebiet wechselten mehrfach. Erst in den 1950er Jahren etablierten sich die »Streif« und der »Ganslern« als fixe Bestandteile des Hahnenkammrennens für die Bewerbe Abfahrt und Slalom. 1937 wurde erstmals auf der Streif gefahren, die bis heute als eine der schwierigsten Abfahrten der Welt gilt. Erst später kamen die Abschnitte »Startschuss«, »Mausefalle«, »Steilhang Einfahrt« sowie »Alte Schneise« und »Hausberg« dazu.

 

Das vorliegende Reportagefoto aus einer Wintersportserie veranschaulicht deutlich, was sich in den sechzig Jahren seit der Aufnahme hinsichtlich der Ausstattung und den Bedingungen geändert hat. Die Rennläufer beteiligten sich daran die Piste herzurichten, das Aufwärmen konnte man sich sparen – der Aufstieg erfolgte zu Fuß, die Kleidung war alles andere als aerodynamisch und Helme kannte man auch noch nicht. Der Sieger von 1948 war der Tiroler Hellmut Lantschner, der die Abfahrt gewann und den Slalom am Ganslern als Dritter beendete. An den Rennen beteiligten sich Offiziere der britischen Besatzungsmacht und auch Mitglieder des Niederländischen Skiverbandes hatten Chancen!

 

Das internationale Interesse an dem Spektakel war auch 1948 schon groß, Zeitungenund der Rundfunk berichteten und die Sportler_innen wurden vors Mikrophon gebeten. Der Pressefotograf Ernst Hausknost war kein ausgewiesener Sportjournalist, sondern in den 1940er und 50er Jahren hauptsächlich für die Salzburger Festspiele und als Standfotograf beim Film tätig. Daneben betrieb er ein Atelier in Fuschl und lieferte als freier Fotograf Bildreportagen für verschiedene österreichische und deutsche Zeitungen und Magazine. Zwischen 1955 und 1960 war er Hausfotograf des »Varietee Ronacher« und des Stadttheaters Baden, weiters tätig für das Reinhardt-Seminar und die Löwingerbühne. Ab 1957 bis ins hohe Alter (1992) arbeitete er als Hausfotograf des Theaters in der Josefstadt. Für zahlreiche Künstlerbiografien und Festschriften des Theaters in der Josefstadt fotografierte er Künstlerporträts. Die Fotosammlung OstLicht beheimatet 250 Abzüge aus seinem Nachlass.

 

Ulla Fischer-Westhauser, © OstLicht

Bildreportage

 

Bereits seit den späten 1920ern hatten Bildreportagen in den Magazinen eine steigende Bedeutung eingenommen, während der Stellenwert von nicht-illustrierten Artikeln sank. Bis das Fernsehen zur beherrschenden massenmedialen Bildquelle wurde, erlebte die Fotoreportage in der Nachkriegszeit einen enormen Aufschwung. Neben dem gelungenen Einzelbild interessierte nun vor allem die »story«, die mehrteilige Bildstrecke, die verschiedene Aspekte eines Themas behandelt.

 

Die meisten Fotojournalist:innen dieser Epoche verstehen sich als unabhängige Bildautor:innen: Ihre Weltanschauung manifestiert sich in kritischen oder provokanten Fotoessays; Mythen werden infrage gestellt, wobei auch Witz, Ironie oder Melancholie zum Tragen kommen; Reportagen über bedeutende Persönlichkeiten vermitteln nicht mehr bloß ein glamouröses Image, sondern zeigen den Menschen in seinem Alltag. Schlagworte von Mitgliedern der legendären Agentur Magnum wie »concerned photographer« oder »human interest« beschreiben die neue Haltung. Wie auch an der einflussreichen Fotoausstellung »The Family of Man« deutlich wurde, war damit die Hoffnung verbunden, die Gesellschaft mittels der universellen Sprache der Fotografie bewegen zu können. Mehr als 50.000 Bilder der Fotosammlung OstLicht entstanden ursprünglich als Druckvorlagen für Printmedien.

 

ERICH LESSING (1923–2018)

Willy Kauer nimmt Franz Lehár die Totenmaske ab

Österreich, Bad Ischl, 24.10.1948

Silbergelatineabzug, 36,8 x 46 cm

Rücks. vom Fotografen signiert

Als Franz Lehar am 24. Oktober 1948 in seiner Villa in Bad Ischl starb, wurde an ihm eine Handlung vollzogen, die einer sehr alten Tradition folgt: die Abnahme seiner Totenmaske. Aber auch ein anderer, nur wenige Jahrzehnte währender Brauch lebt hier wieder auf – die der Totenfotografie. Beide Traditionen erfüllen das Bedürfnis, Vergängliches festzuhalten, damit seine Besonderheit nicht in Vergessenheit gerät.

 

Während sich die Herstellung einer Totenmaske auf einen ausgewählten Personenkreis beschränkte, ermöglichte die Verbreitung der Fotografie breiteren Bevölkerungsschichten Abbilder ihrer Verstorbenen als Andenken zu bewahren. Bestimmte Fotografen waren darauf spezialisiert, ein letztes Bild anzufertigen. Noch bis in die 1930er Jahre war es üblich, Verstorbene zuhause aufzubahren. Bilder von Verwandten am Totenbett, auch Aufnahmen liebevoll geschmückter Leichname von Kindern und Säuglingen, wurden gleichwertig neben anderen Porträts in den Familien-Alben verwahrt. Erst die moderne Gesellschaft machte das Sterben und den Tod zum Tabu.

 

Franz Lehár wurde 1870 in Komorn (Österreich-Ungarn, heute Slowakische Republik) geboren und war ein bedeutender österreichischer Operettenkomponist. Der früh einsetzende Erfolg seiner Operetten ermöglichte es ihm, sich ausschließlich der Komposition und dem Dirigieren seiner Werke zu widmen. Sein Erfolg übertraf sogar den des Walzerkönigs Johann Strauß. Das Bett, selbst der kleine Polster, auf dem das Komponistenhaupt in seinen letzten Tagen ruhte, und die Totenmaske sind heute in der Lehar Villa zur Schau gestellt.

 

Erich Lessing wurde 1923 in Wien geboren und musste 1938 nach Palästina flüchten, wo er unter anderem auch als Fotograf für die Britische Armee arbeitete. Nach dem Krieg kehrte er nach Wien zurück und wurde bei der Agentur Associated Press Fotograf. Lessing etablierte sich als international gefragter Fotoreporter und wurde bereits 1950 Mitglied der 1947 von Robert Capa gegründeten Fotoagentur Magnum in Paris. 1956 war er der erste ausländische Fotograf in Budapest, der den Ungarischen Aufstand dokumentierte.

 

Der Wiener Maskenbildner Willi Kauer (1898–1976) war ein anerkannter Fachmann für Dokumentarplastik in der Anatomie, der Gerichtsmedizin, dem Theater und in der Anfertigung von Lebend- und Totenmasken. 1948 erwarb er von Jakob Jelinek eine alte Buntmetallmaske, die er nach gründlicher Untersuchung Anfang April 1948 als Totenmaske Mozarts identifizierte. Über die Authentizität dieser seit 157 Jahren gesuchten Totenmaske wird bis heute diskutiert.

 

Ulla Fischer-Westhauser, © OstLicht

 

Lit.: Alistair Crawford, Erich Lessing, Vom Festhalten der Zeit. Reportage-Fotografie 1948–1973, Wien: Christian Brandstätter Verlag 2002, S. 55

 

INGE MORATH (1923–2002)

Eveleigh Nash in der Buckingham Palace Mall

Großbritannien, London, 1953

Silbergelatineabzug, 21,6 x 30,8 cm

Rücks. Copyrightstempel »Photography by Inge Morath, 1970 Magnum Photos, 72 West 45th Street, N.Y.C. 10036«

 

Einer der ersten Aufträge als Magnum-Mitglied führte Inge Morath nach London, wo sie eine Bildreportage über die Bewohner der Viertel Soho und Mayfair für das »Holiday Magazine« aufnahm. Das Porträt von Eveleigh Nash mit ihrem Chauffeur in der Buckingham Palace Mall gehört zu ihren bekanntesten Bildern, es wurde vielfach publiziert und verschiedene Abzüge befinden sich in bedeutenden Sammlungen.

 

Die vielschichtige Komposition scheint zwei Perspektiven mit verschiedenen Fluchtpunkten zu haben. Allerdings ist die distinguierte Dame in ihrer offenen Limousine mit dem Hintergrund verschränkt, indem Teile der Karosserie den Rahmen für Nebenfiguren abgeben: der Chauffeur, die beiden männlichen Passanten und die Fußgänger auf der Allee sind die Protagonisten dieser Mise-en-scènes. Da Rahmung immer einer Abgrenzung entspricht, lässt sich sagen, dass sich in dieser Bildstruktur auch gesellschaftliche Verhältnisse widerspiegeln.

 

Im Blick der Porträtierten – sowohl der Chauffeur als auch Mrs. Nash schauen in die Kamera – zeigt sich außerdem ein anderes ambivalentes Verhältnis: das zwischen porträtierter Person und Fotografin, inklusive der Rolle der Kamera, wie sie beim spezifischen Bildautor Einsatz findet. Indem sich in der Haltung der Porträtierten ihre Reaktion auf das »Gegenüber« manifestiert, wird also auch die Fotografin im Bild spürbar.

 

Moraths Arbeitsweise spiegelt sich hier in etwas distanzierter, aber konzentrierter Aufmerksamkeit. Diese ist typisch für ihr gesamtes Werk, wo dem fotografischen Aktstets eine eingehende Auseinandersetzung vorausgeht. Es ging ihr nie um ein blitzschnelles Erheischen, nie um spektakuläre oder entblößende Momente; vier Meter Distanz und das 50 mm Objektiv sind ihre bevorzugte Optik.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Kurt Kaindl (Hg.), Inge Morath, Fotografien 1952–1992, Salzburg 1992, S. 12, 65; Olga Carlisle, Große Photographen unserer Zeit: Inge Morath, Luzern 1975, S. 24f (Cover).

FRANZ HUBMANN (1914–2007)

Pablo Picasso mit Daniel-Henry Kahnweiler in der Villa La Californie

Frankreich, Cannes, 1957

Silbergelatineabzug, 39 x 40 cm

Im Bild links unten signiert, rücks. Fotografenstempel und eigenhändig betitelt und datiert in schw. Tinte.

 

Franz Hubmann erkannte, dass man über Kunst am mitreißendsten berichten kann, wenn man persönlichen Kontakt zu den Künstlern knüpft. In Paris, Mitte der 1950er Jahre noch unbestritten das internationale Kunstzentrum, porträtierte er über zwanzig Protagonisten in ihren Ateliers, darunter Jean Tinguely, Hans Hartung, Hans Arp, Georges Braque, Marc Chagall, Max Ernst, Le Corbusier, Alberto Giacometti und Wassily Kandinsky.

 

Obwohl unverzichtbar, war die Kontaktaufnahme am schwierigsten mit Pablo Picasso. Daniel-Henry Kahnweiler, der legendäre Kunsthändler und Vertraute Picassos, unterstützte Hubmann zwar bei den Recherchen; er weigerte sich aber, einen Besuch bei Picasso in Cannes zu vermitteln, wo dieser seit 1955 die (von ihm sogenannte) »Villa La Californie« als Domizil und Atelier nutzte. So machte sich Hubmann schließlich auf eigene Faust auf den Weg an die Côte d’Azur. Er hatte Glück, Picasso war vor Ort und lud den österreichischen Fotografen bereitwillig ein – der dort zu seiner Überraschung auch Kahnweiler vorfand!

 

Die vorliegende Aufnahme erzählt auch von diesem Kontext. Sie zeigt Picasso und Kahnweiler in Thonet-Schaukelstühlen sitzend ins Gespräch vertieft, im Raum Utensilien, die unverkennbar auf Picassos Arbeit verweisen; durch die offene Terrassentür fällt mediterranes Licht und zeichnet die Figuren in kräftigem Hell-Dunkel, markant und sinnfällig etwa das Auge des Künstlers. Ein schlichter Stuhl, im Vordergrund vom unteren Bildrand überschnitten, ist vom Fotografen gekonnt als ambivalentes Bildelement eingesetzt: Er dient als formaler Fingerzeig auf die Gesprächspartner und ist auch als Einladung zur Teilnahme lesbar, allerdings markiert die Stuhllehne gleichzeitig eine Begrenzung.

 

Franz Hubmann kam erst mit über 30 Jahren, nach einer Berufslaufbahn als Textiltechniker und seinem Wehrdienst zur Fotografie. Ab 1946 absolvierte er eine professionelle Ausbildung und konnte in kürzester Zeit als Bildjournalist im Sinne der»life«-Fotografie und als Redakteur reüssieren. Er galt als der »österreichische Cartier-Bresson«, der nachfolgende Fotografengenerationen wesentlich prägte, unter anderem durch zahlreiche Fernsehfilme. Auch die französischen Künstlerporträts verwendete er 1970 für ein Fernsehfeature mit dem Titel »École de Paris«, zu dem der Kunsthistoriker und Museumsdirektor Alfred Schmeller die Texte lieferte. Das Storyboard-Buch mit eingeklebten Kontaktabzügen und Anweisungen zur filmischen Gestaltung befindet sich ebenfalls in der Fotosammlung OstLicht.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Franz Hubmann, Pariser Parnass. Fotos zur französischen Kunstszene der fünfziger Jahre, Graz 1970; Hans Schaumberger (Hg.), Franz Hubmann. Zeitgenossen,Zeitgenossen. Photographien 1950–1980, Vienna/Munich 1984, S. 110

ANONYMER FOTOGRAF

Juri Alexejewitsch Gagarin vor dem Abflug ins Weltall

Sowjetunion, Tjura Tam (Kasachstan), 12. April 1961

Silbergelatineabzug, 16 x 10,5 cm montiert auf grünem Karton (lose Albumseite)

 

Mit seinem legendären Ausspruch »Pojechali!« (Los geht’s) startete der Russe Juri Gagarin als erster Mensch ins Weltall und auf der Erde hielt man den Atem an. Die Russen hatten es geschafft und vorerst den technologischen Wettlauf zwischen Ost und West im All für sich entschieden. Doch den Mond betrat dann 1969 doch ein Amerikaner.

 

Die Fotografie zeigt den jungen Raumfahrer Gagarin bei der Prozedur des Ankleidens vor seinem ersten Raumflug. Der Fotograf hielt eine sehr intime Szene fest – der Kosmonaut noch ohne den charakteristischen Raumanzug in nachdenklicher Haltung. Im Vorfeld des größten Abenteuers, das je ein Mensch vor sich hatte, gab sich Gagarin in der Öffentlichkeit gerne beherzt und optimistisch. Jetzt fühlte er sich offensichtlich unbeobachtet und lässt einen Menschen erkennen, dem die Ungewissheit der bevorstehenden Reise deutlich ins Gesicht geschrieben ist.

 

Juri Gagarin wurde 1934 in Smolensk geboren und nach seiner Ausbildung zum Gießereitechniker im Kadettenschulungszentrum der sowjetischen Luftwaffe in Orenburg bis 1957 zum Piloten ausgebildet. Er wurde für das erste Kosmonauten-Team der Sowjetunion ausgewählt und begann im März 1960 mit dem Training. Wegen seiner besonderen körperlichen und geistigen Belastbarkeit fiel auf ihn die Wahl, als erster Mensch einen bemannten Raumflug zu absolvieren. Am 12. April 1961 hob der 27-jährige Juri Gagarin als erster Mensch in den Weltraum ab. Er umkreiste an Bord der Raumkapsel Wostok 1 innerhalb von 108 Minuten einmal die Erde. Auf einer elliptischen Umlaufbahn entfernte er sich dabei bis zu 237 Kilometer von der Erdoberfläche.

 

Nach seiner Rückkehr wurde er zum Helden der Sowjetunion ernannt und erhielt den Lenin-Orden. Danach war Juri Gagarin einmal noch Ersatzpilot der Sojus 1-Mission im April 1967, flog aber nie mehr ins All. Juri Gagarin kam bei einem Flugzeugabsturz am 27. März 1968 ums Leben. Zusammen mit Oberst Wladimir Serjugin absolvierte er einen Übungsflug. Beide starben in der abgestürzten Maschine, ohne vorher den Schleudersitz betätigt zu haben.

 

Die Fotosammlung OstLicht beherbergt über 150 Aufnahmen von Yuri Gagarin. Diese Bestandsgruppe ist Teil der Space Collection mit über 2.600 Abzügen, die zahlreichen amerikanischen und russischen Weltraum-Projekten gewidmet ist, wie etwa den NASA Missionen Gemini 3 bis 12 und Apollo 1 bis 17.

 

Ulla Fischer-Westhauser, © OstLicht

Kubanische Fotografie

 

Im Bestand an Fotografien aus Kuba liegt der Schwerpunkt im Kernthema der Revolution, mit ihrer Vorgeschichte in den 1940ern und 1950ern, dem Guerillakrieg der Rebellen und den »heroischen« ersten Jahren nach der Machtübernahme Fidel Castros. Porträts der Protagonisten, Presseaufnahmen und Reportagen, etwa in der Sierra Maestra oder an der Schweinebucht, sowie Aufnahmen politischer Großveranstaltungen und Staatsakte machen aber nicht nur die bewegende Geschichte der Revolution nachvollziehbar; deutlich wird auch die zentrale Rolle der Fotografie in der Herausbildung und Verbreitung der Castristischen Propaganda.

 

Die Fotosammlung OstLicht beherbergt über 3.500 Abzüge mit Motiven aus Kuba, darunter zeigen etwa 600 Che Guevara und etwa doppelt so viele Fidel Castro. Die unterschiedlichen Hintergründe und Herangehensweisen der einzelnen Fotografen werden durch große Werkgruppen deutlich. Beispielsweise ist Alberto Korda mit über 300, Raúl Corrales mit über 130 und sind Osvaldo und Roberto Salas mit mehr als 200 Prints vertreten. Umfangreiche Serien der nächsten Fotografengeneration (etwa von Marucha und Mayito) repräsentieren eine neue Epoche des kubanischen Fotojournalismus.

 

PERFECTO ROMERO (* 1936)

Ernesto Ché Guevara

Kuba, Havanna, Festung San Carlos de la Cabaña, Anfang Jänner 1959

Silbergelatineabzug, 53,4 x 45,6 cm

Nach zwei Jahren Guerillakampf im Dschungel steht die kubanische Revolution kurz vor dem Sieg. Ernesto Ché Guevara (1928–1968) und die ihm unterstellten Truppen hatten im Dezember 1958 einen der größten militärischen Erfolge des Krieges erlangt, die Einnahme der Stadt Santa Clara, wo hunderte Soldaten des Batista-Regimes stationiert waren. Dort erreichte ihn der Befehl Fidel Castros aus Santiago, umgehend nach Havanna in die Festung San Carlos de la Cabaña zu ziehen und auf ihn zu warten. Während der Silvesterfeierlichkeiten flieht Batista aus dem Land. Gleichzeitig beginnt Fidel Castro mit seinen Truppen seinen berühmten Marsch querdurch die Insel. Mit dem triumphalen Einzug in Havanna am 8. Jänner, wo alle Guerillaführer mit ihren Rebellensoldaten nach Monaten wieder zusammenkommen, wird der Sieg der Revolution inmitten tausender Kubaner gefeiert.

 

Die Aufnahme zeigt Comandante Guevara in seinem holzgetäfelten Arbeitszimmer in der Festung in Havanna am Schreibtisch. Nach den Siegesfeiern wird er hier vor allem Hinrichtungen von Batista-Anhängern befehligen. Nach wenigen Wochen wird ihn sein Asthma zwingen, sich in ein Domizil am Strand zurückzuziehen. Dort schreibt er an seinem Buch »La Guerra de Guerrillas«; außerdem entwirft und diskutiert er, bettlägerig, wesentliche Programme der neuen Regierung, etwa zur Enteignung des Großgrundbesitzes und Agrarreform, der Gründung eines staatlichen Sicherheitsdienstes sowie bereits erste Ideen zum »Export« der Revolution in andere lateinamerikanische Länder – ein Unternehmen, das ihn letztendlich das Leben kosten wird.

 

Perfecto Romero stieß als 22-jähriger in der Sierra del Escambray zu den Rebellen und wurde zum Fotografen der kämpfenden Truppen um Ché Guevara und Camillo Cienfuegos. Von ihm stammen viele Aufnahmen, die durch die besondere Nähe zu seinen Motiven (und deren Motivationen) geprägt sind, darunter viele Porträts von Camilo Cienfuegos. Bekannt sind auch seine Ché-Aufnahmen aus der Endphase des Guerillakampfes, die Guevara nach einer Verwundung meist mit schwarzer Armbinde zeigen.

 

Da viele Vintageprints sowie Negative von Romero zerstört wurden, kursieren von seinen Aufnahmen oft grobkörnige, unscharfe Abzüge, die nach Positiven re-fotografiert wurden. Dieser großformatige Abzug ist dagegen von ungewöhnlicher Detailschärfe und wurde bald nach der Aufnahme vom Negativ belichtet, allerdings nicht signiert. Das Motiv stammt aus einer bekannten Sequenz. Eine ähnliche Aufnahme daraus schmückt heute auch den Aufnahmeort, Chés Arbeitszimmer in der Festung, der als Gedenkstätte im damaligen Zustand erhalten wurde.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Che-Earbook, Hamburg  2007, S. 71; Thomas Mießgang, Ché Guevara. Ich bin ein optimistischer Realist, Köln 2007 (Motive aus ders. Serie).

 

LUIS KORDA (LUIS ANTONIO PEIRCE BYERS, 1912–1985)

Fidel Castro und Camilo Cienfuegos beim Einzug in Havanna

Kuba, Havanna, 8. Jänner 1959

Silbergelatine, 59,7 x 49,7 cm, montiert auf Karton

 

Am 8. Jänner 1959 wird mit dem Eintreffen von Fidel Castro und seinen Truppen in Havanna der Sieg der kubanischen Revolution besiegelt. Praktisch alle Einwohner der Hauptstadt waren auf den Beinen und füllten feiernd die Straßen. Alberto Korda, der mit seinem Studio in Folge zu einem der bedeutendsten Fotografen der Revolution werden sollte (von ihm stammt jene Aufnahme von Che Guevara, die als die weltweit meist-reproduzierte Fotografie gilt), machte an diesem Tag keine Aufnahmen, sondern verfolgte die Ereignisse von einem Balkon aus.

 

Sein Studiopartner Luis Antonio Peirce Byers, bekannter als Luis Korda oder »Korda, der Ältere« mischte sich dagegen unter die Menge – und kam tatsächlich in die unmittelbare Nähe jenes offenen Jeeps, auf dem Fidel Castro und Camilo Cienfuegosin die Stadt einfuhren. Er schoss eine Aufnahme im quadratischen Mittelformat, die Alberto Korda auf ein Hochformat beschnitt (es existiert ein Kontaktabzug mit den eingezeichneten Ausschnittmarken).

 

Die Aufnahme gilt als eine Ikone der Revolutionsgeschichte und wurde vielfach publiziert. Besonders in Alberto Kordas Beschnitt verbindet sie die zwei wichtigsten Funktionen der Fotografie in der kubanischen Revolution: die Reportage der – sich gerade in diesen Tagen zuspitzenden – Ereignisse sowie die Verbreitung von wirkungsvollen Porträts ihrer Protagonisten. Eine frühe Generation fotohistorischer Auseinandersetzung mit dieser Phase prägte dafür den Begriff des Epischen: die Fotografie liefert die Bilder einer Heldengeschichte.

 

Fidel Castro, der jahrzehntelang an der Macht blieb und das Schicksal des Landes nachhaltig prägte, sollte noch lange Zeit haben, die Propaganda um seine Person weiterzuentwickeln (die Fotosammlung OstLicht beheimatet hunderte Aufnahmen, die diesen Prozess eindrucksvoll belegen). Camilo Cienfuegos, der als junger Schneider zu den Rebellen gestoßen war und sich maßgeblich am Guerillakrieg beteiligte, kam dagegen bereits neun Monate nach dem Zeitpunkt dieser Aufnahme bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Gleichwohl erfuhr der charismatische Mann mit dem Cowboyhut eine bis heute ungebrochene Verehrung in Kuba, etwa an einem Feiertag mit spezifischen Riten. Seine Fotoporträts wurden meist als kleinformatige Fotokarten, in der Art von Starpostkarten reproduziert und fanden eine enorme Verbreitung in Kuba.

 

Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Cristina Vives, Mark Sanders (Hg.), Korda. A revolutionary lens, Göttingen 2008, S. 28 u. 40f

OSVALDO SALAS (1914–1992)

Vier Bauern bei der Lektüre einer ANAP-Resolution

Kuba, 1961

Silbergelatineabzug, 24 x 30,3 cm

Rücks. signiert in Tinte

 

Neben der Reformierung des Sozial- und Gesundheitssystems war auch die Verbesserung des Zugangs zur Bildung ein zentrales Anliegen der Revolutionsregierung. Noch zu Zeiten des Batista-Regimes konnte rund ein Viertel der Bevölkerung nicht Lesen und Schreiben, die Analphabeten-Quote lag im ländlichen Bereich sogar bei mehr als 40%. Fidel Castro rezipierte Ideen des kubanischen Nationaldichters José Martí, als er das Jahr 1961 als »Año de la Educación« bestimmte, dessen Kernstück die Alphabetisierungskampagne bildete. Ermöglicht wurde sie durch die Freiwilligenarbeit von meist städtischen Jugendlichen und Lehrern, die als sogenannte »Brigadistas« innerhalb eines Jahres vor allem die rurale Bevölkerung unterrichteten. Ende 1961 war die Kampagne offiziell abgeschlossen und Kubas Analphabeten-Quote auf die niedrigste in Lateinamerika gesenkt.

 

Des Lesens nun mächtig, beugen sich hier vier Männer über ein Flugblatt der »Asociación Nacional de Agricultores Pequeños« (ANAP), einer ebenfalls 1961 gegründeten Interessensvertretung kubanischer Landarbeiter. Die mit der klassischen Kopfbedeckung für Feldarbeit, den Sombreros, ausgestatteten Männer scheinen eine Pause zu nutzen, um sich über politische Geschehnisse zu informieren. Sie bilden damit einen Kontrast zu jenen vorrevolutionären Landwirtschafts- und Genrefotografien, in welchen oftmals die bittere Armut der Landbevölkerung in zerlumpter Kleidung im Vordergrund steht. Die gestellte Szene, in der die vier Männer mit ihrer Pose der interessierten Lektüre offensichtlich einer Regieanweisung folgen, dient dabei der Inszenierung castristischer Politik abseits ikonischer Porträts der Helden der Revolution.

 

Osvaldo Salas’ Bildgeschichten wollten das neue, bessere Kuba zeigen. Der in New York aufgewachsene und dort unter anderem für LIFE tätige Fotograf hatte sich bereits einen Namen als Porträtist von Hollywoodstars, Künstlern und Motiven aus der Welt des Boxkampfes gemacht, als er 1959 mit seinem 18-jährigen Sohn Roberto in sein Heimatland zurückkehrte. In der Folgezeit wurden Vater und Sohn zu Chronisten der Revolution und Osvaldo Salas zum Chefredakteur der fotografischen Abteilung der Partei-Zeitschrift »Revolución«.

 

Isabella Riedel, © OstLicht

 

Lit.: Con el espíritu de los Maestros Ambulantes. La Campana de la Alfabetizatión Cubana, 1961, Melbourne, New York, Havana: Ocean Press, 2001

RAÚL CORRALES (1925–2006)

Revolutionärin mit Armbinde

Kuba, Havanna, ca. 1970

Silbergelatine, 40 x 30,2 cm

Rücks. signiert, Ausstellungsstempel »Expoicap« und »71«

 

Raúl Corrales vermochte es wie kaum ein zweiter, die Anliegen und Errungenschaften der Revolution und des durch sie geprägten Menschenbildes zu visualisieren. Der Sohn spanischer Immigranten und Zuckerrohrarbeiter war unter anderem als Schuhputzer und Tellerwäscher tätig, bevor er sich ab Mitte der 1940er Jahre auch beruflich der Fotografie zuwenden konnte. Nach der Revolution trat er der kommunistischen Partei bei und war neben Alberto Korda und Osvaldo Salas im engsten Kreis um Fidel Castro engagiert. Corrales begleitete den »Máximo Líder« ab dessen Machtübernahme im Januar 1959 beinahe täglich. Er gilt bis heute als einer der wichtigsten Dokumentatoren des Systemwandels und prägte die bildliche Überlieferung der kubanischen Revolution ganz entscheidend mit.

 

Seine Fotografie einer Revolutionärin mit Armbinde stellt Bezüge zu gleich mehreren Diskursen rund ein Jahrzehnt nach der Machtübernahme Fidel Castros her. Das Bildnis einer Afrokubanerin ist nicht nur ein gelungenes individuelles Porträt, sondern besitzt auch Symbolcharakter. Als Unbekannte wird sie zur Protagonistin, zur Versinnbildlichung einer neuen gesellschaftlichen Ordnung und zum »Gesicht der Revolution«. Selbstbewusst und gleichzeitig nachdenklich blickt die Frau über den Bildrand hinaus. Sie trägt eine ärmellose Bluse, Armbinde und ein um den Kopf gewickeltes Tuch. Ihre Halbfigur kontrastiert dabei mit dem dunklen Bildhintergrund, in dessen oberer linker Ecke sich die Buchstaben einer Leuchtreklame abzeichnen.

 

Corrales’ Bildsprache unterstützt den Mythos der Revolution, zu deren nachhaltigen Leistungen auch die Emanzipation der Frau gezählt wird. Ausschlaggebend für die Gleichstellung der Geschlechter war die Arbeit der unter Regierungskontrolle stehenden FMC (Federación de Mujeres Cubanas), einer aus mehreren Frauenorganisationen zusammengesetzten Föderation. Im Gegensatz zu Interessensvertretungen wie der FMC wurde nach 1959 jedoch keine Organisation der afrikanischen Minderheit gebildet, deren Geschichte in die Kolonisationszeit zurückreicht. Ihre rechtliche Gleichstellung mit anderen Bevölkerungsgruppen war, als Teil des gesellschaftlichen Wandels, dennoch ein erklärtes Ziel der Revolutionsphilosophie.

 

Isabella Riedel, © OstLicht

Wiener Aktionismus

 

Im Österreich der Nachkriegszeit, das von einer restaurativen Grundstimmung, demonstrativem Katholizismus und Verdrängung (Stichwort »Opferthese«) geprägt war, entwickelte sich der Wiener Aktionismus. Die provozierenden Aktionen dieser Avantgardebewegung verletzten Tabus und loteten Grenzen aus. Sie richteten sich repräsentationskritisch gegen den traditionellen Kunst- und Werkbegriff und verfolgten die Utopie, die psycho-soziale Strukturen der Gesellschaft mittels Kunst zu verändern.

 

Der Fotografie als Dokumentationsmedium kam dabei eine wesentliche Rolle zu, die von den vier, im Einzelnen sehr unterschiedlich arbeitenden Protagonisten verschieden besetzt wurde. Der Schwerpunkt der Fotosammlung OstLicht liegt auf den fotoaktionistischen Arbeiten von Rudolf Schwarzkogler (etwa 440 Prints), Aufnahmen der frühen Aktionen von Hermann Nitsch (etwa 340 Prints) sowie der aktionistischen Schaffenszeit von Otto Muehl (etwa 330 Prints).

 

HERMANN NITSCH (* 1938) / SIEGFRIED KHASAQ KLEIN (1931–1990)

Fototableau mit 12 Motiven der 8. Aktion, Penisbespülung

Wien, Wohnung Nitsch, Jedlersdorfer Straße, 22. Jänner 1965

Silbergelatineabzug, 65 x 50 cm

Rücks. signiert, datiert, betitelt und nummeriert »1/1«

Das übergeordnete dramaturgische Konzept von Hermann Nitschs »Orgien-Mysterien-Theater« (OMT) unterscheidet seinen künstlerischen Ansatz maßgeblich von der Herangehensweise der anderen Aktionisten. Nitschs Aktionen folgen einem vorher in Partituren festgelegten Handlungsablauf mit rituellem Charakter. Einzelne Handlungen oder ganze Aktionen können so jederzeit wiederholt oder neu kombiniert werden. Dagegen sind Brus’ und Muehls Aktionen als einmalige Ereignisse konzipiert. Schwarzkoglers Aktionen sind zwar im Vorhinein detailliert geplant, werden aber primär für die Kamera durchgeführt und nicht als ein direkt auf Rezipienten gerichtetes Geschehen.

 

Seit Beginn der 1960er Jahre formulierte Nitsch Teil für Teil die dramaturgischen Elemente seines OMT. Die zentralen Motive der Kreuzigung (1. Aktion 1962), der Lammzerreißung (2. Aktion 1963) oder des dionysischen Festes (Fest des psycho-physischen Naturalismus 1963), wurden bereits in seinen ersten Aktionen manifest. 1965 kam ein neues Element dazu, die Körpercollage in Form der sogenannten »Penisbespülung«; dabei wird der Penis eines passiven Akteurs mit Blut und Eiern übergossen bzw. mit Fleisch, Innereien oder Damenbinden belegt. Im Jänner 1965 zeichnete Nitsch Skizzen zum Ablauf der ersten »Penisbespülung«, in denen alle gewünschten Positionen festgelegt und genau beschrieben sind, bis hin zum fotografischen Aufnahmewinkel.

 

Ab der 8. Aktion arbeitete Nitsch – weitgehend ohne Publikum – intensiv an der Formensprache und ästhetischen Umsetzung dieses Motivs. Rudolf Schwarzkogler stand ihm bis zur 11. Aktion als Akteur zur Verfügung. Die Aufnahmen übernahm der Fotograf Siegfried Klein. Das vorliegende Fototableau collagierte Nitsch aus Kleins 6x6 cm-Kontakten, die er mit Filzstiftmarkierungen akzentuierte. Etwas später ließ Nitsch die Collage fotografieren und als vergrößerten Print produzieren.

 

Aus den Markierungen ist Nitschs ästhetisches Konzept ablesbar: Anstatt schräger Perspektiven, die eine verkürzte Darstellung des Körpers oder eine Dynamisierung der Bildstruktur begünstigen, bevorzugt er streng rechtwinkelige Blickwinkel, von vorne oder von oben aufgenommene Kompositionen. Ab der 11. Aktion wurden Nitschs »Penisbespülungen« von Franziska Cibulka fotografiert, deren Mann Heinz für die folgenden 10 Jahre zu Nitschs wichtigstem Akteur wurde. Sie kam den ästhetischen Intentionen Nitschs noch weiter entgegen als Siegfried Klein, der seinerseits noch zahlreiche Aktionen von Otto Muehl dokumentierte.

 

Michaela Seiser / Marie Röbl, © OstLicht

 

Lit.: Wiener Aktionismus 1960–1971, Band 2, Der zertrümmerte Spiegel, hg. v. Hubert Klocker gem. mit Graphische Sammlung Albertina Wien u. Museum Ludwig Köln, Klagenfurt 1989, S. 275.

 

OTTO MUEHL (1925–2013) / LUDWIG HOFFENREICH (1902–1975)

3. Materialaktion, Klarsichtpackung Aus der Mappe »Otto Muehl Materialaktionen 1964-67«, hg. von P.A.P. Kunstagentur Karlheinz & Renate Hein, München

Wien, Atelier Muehl, Obere Augartenstraße, 26. Februar 1964

Cibachrome Print, ca. 30 x 30 cm

Am Passepartout signiert, betitelt »Klarsichtpackung« und nummeriert »14/20«

 

Anfang der 1960er Jahre begann Otto Muehl, ein ausgebildeter Kunstpädagoge, Deutsch- und Geschichtelehrer, seine künstlerische Karriere als gegenständlicher Maler. Die Bekanntschaft mit Günter Brus und Alfons Schilling sowie deren informelle Malerei beeinflussten ab 1961 seine Arbeit grundlegend. Muehls Gemälde wurden abstrakt und konzentrierten sich vor allem auf die Farbe als Material. Er arbeitete mit Händen und Füßen, wälzte sich über die Leinwand, verweigerte sich jedem kompositionellen Ansatz. Schließlich begann er, die Leinwand aufzuschlitzen und zu verschnüren. Aus seinen Bildern wurden Materialobjekte. Seine Materialmontagen aus Alteisen und Gerümpel überschüttete er teilweise mit Farbe.

 

Im Herbst 1963 führte Muehl seine erste Aktion »Versumpfung einer Venus« durch und erweiterte damit sein Konzept der Materialmontage um das Material Mensch. Initialzündend war die Begegnung mit Hermann Nitsch, der zu dieser Zeit bereits seine ersten Malaktionen realisiert hatte. Muehls 3. Materialaktion bestand aus vier Teilen: »Klarsichtpackung«, »Versumpfung in einer Truhe«, »Panierung eines weiblichen Gesäßes« und »Wälzen im Schlamm«. Die vorliegende Farbfotografie zeigt eine Aufnahme aus dem ersten Teil, in dem Muehl den nackten Körper einer Frau mit Schlamm und Farbe bewarf, übergoß und bespritzte, sie verschnürte und in Klarsichtfolie einpackte. Wie fast alle frühen Aktionen endete auch diese mit der Auflösung bzw. Vermengung aller Materialien, der sogenannten »Versumpfung«, übrig blieb ein brauner Brei.

 

Muehls Arbeiten waren einerseits geprägt vom hemmungslosen, rauschhaften schöpferischen Akt, in dem er mit Dreck und Farbe um sich warf und vor allem in seinen späteren Aktionen provokativ sexuelle Handlungen einbezog. Andererseits folgten sie einer malerischen Materialästhetik, die er zu inszenierten Stillleben mit Körpern und Material weiterentwickelte.

 

Die aus den Aktionen hervorgegangenen fotografischen Dokumente sind Teil des Konzepts. Bei der 3. Materialaktion waren drei Fotografen – Ludwig Hoffenreich, Siegfried Klein (Khasaq) und Alfred Haberler – sowie der Kameramann Peter Jurkowitsch anwesend, für seine Mappe verwendete Muehl jedoch ausschließlich die Fotografien von Hoffenreich, dessen Kompositionen am ehesten den gewünschten Eindruck der materiellen Vermengung oder Angleichung erwecken: der menschliche Körper scheint ein Objekt unter vielen zu sein.

 

Michaela Seiser, © OstLicht

 

Lit.: Wiener Aktionismus 1960–1971, Band 2, Der zertrümmerte Spiegel, hg. v. Hubert Klocker gem. mit Graphische Sammlung Albertina Wien und Museum Ludwig Köln, Klagenfurt 1989, S. 185–190; Eva Badura-Triska, Hubert Klocker (Hg.), Wiener Aktionismus. Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er Jahre, Kat. mumok Wien, Köln 2012, S. 82

RUDOLF SCHWARZKOGLER (1940–1969) / WALTER KINDLER (* 1940)

1. Aktion, Hochzeit

Aus einer Mappe mit 10 Foto- und 6 Seriegrafien, hg. v. Pari & Dispari, Guiseppe Morra und Francesco Conz

Wien, Wohnung Cibulka, Kaiserstraße, 6. Februar 1965C-Print, 62 x 51 cm

Rücks. Stempel »pari editori & dispari«, mit Tinte signiert »Edith Adam«und nummeriert »69/75«

 

Rudolf Schwarzkogler war der jüngste der vier Protagonisten des Wiener Aktionismus. Seine erste Aktion fand 1965 statt, drei bzw. zwei Jahre nach den Anfängen von Hermann Nitsch, Otto Muehl und Günter Brus. 1966 führte Schwarzkogler seine letzte Aktion durch, die fotografisch dokumentiert wurde. Zur Bezeichnung seiner aktionistischen Arbeiten hat sich eine Zählung von der 1. bis zur 6. Aktion durchgesetzt, die aber nicht auf den Künstler zurückgeht; berücksichtigt man alle Varianten an dokumentierten Aktionen, waren es insgesamt acht.

 

Schwarzkoglers »1. Aktion, Hochzeit« war seine einzige mit einem Titel oder Thema, die einzige, bei der mehrere Personen involviert waren und die einzige, die auch in Farbe fotografiert wurde. Schauplatz war die Wohnung seines Freundes und Studienkollegen Heinz Cibulka, der auch aktiv mitwirkte, Günter Brus’ Frau Anni agierte als Braut, Schwarzkogler selbst war Hauptakteur. Außer Schwarzkoglers engstem Freundeskreis, darunter Muehl, Nitsch und Brus, waren drei Fotografen – Ludwig Hoffenreich, Walter Kindler und Siegfried »Khasaq« Klein – anwesend, welche den Aktionsablauf dokumentierten.

 

Auch wenn einige Elemente in Schwarzkoglers Aktionen mit den Konzepten von Nitsch, Muehl und Brus vergleichbar sind, wurde bereits in der ersten Aktion seine spezifische Ästhetik deutlich. Anders als seine Kollegen bezog er den Raum in sein formales Konzept mit ein. Indem er die Wände blau und weiß tünchte und blaue Objekte – einen Zylinder, eine Kugel und zwei Bretter – im Raum platzierte, schuf er ein Environment für seine Aktion. Auf einem weiß gedeckten Tisch arrangierte er Utensilien wie in einem Labor, darunter Fische, ein in Papier eingewickeltes Huhn, feine Kristalle in verschiedenen Farben, Gläser mit blauer Farbe, sowie Mullbinden und chirurgisches Werkzeug. Typische Motive sind der schwarze Spiegel und die Kugel, die wie Leitthemen auch in Schwarzkoglers folgenden Aktionen wiederkehrten; eine ähnlich wichtige Rolle spielte, wie auf der vorliegenden Fotografie zu sehen, das Sezieren eines Fisches, der Erotik, Kälte, Krankheit, Gefahr und Tod symbolisiert.

 

Schwarzkogler war mit der Durchführung der Aktion aus verschiedenen Gründen nicht zufrieden, zudem war er ein Perfektionist und fühlte sich durch die drei Fotografen und das Publikum irritiert. Daher änderte er sein Konzept und begann damit, seine Aktionen nur noch allein bzw. mit nur einem Fotografen und für die Kamera zu inszenieren, was seine Arbeit wesentlich von der seiner Kollegen unterscheidet. Er wird als wichtiges Vorbild für spätere Vertreter von Body Art, Konzeptkunst und Staged Photography gesehen.

 

Michaela Seiser, © OstLicht

 

Lit.: Eva Badura-Triska, Hubert Klocker, Rudolf Schwarzkogler – Leben und Werk, hg. vom Museum Moderner Kunst Wien, Klagenfurt 1992; Eva Badura-Triska, Hubert Klocker (Hg.), Wiener Aktionismus. Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er Jahre, Kat. mumok Wien, Köln 2012

RUDOLF SCHWARZKOGLER (1940–1969) / MICHAEL EPP (* 1939)

6. AktionWien, Wohnung Schwarzkogler, Werdertorgasse, Frühling 1966

Silbergelatine, 29,8 x 24,3 cm

Rücks. signiert von Günter Brus, Hermann Nitsch und Edith Adam, Nachlassstempel »rudolf schwarzkogler / nachlaß«

 

Rudolf Schwarzkoglers »6. Aktion«, in der er selbst als Akteur auftrat, sollte die letzte vor seinem Tod sein, die fotografisch umgesetzt wurde. Danach beteiligte er sich noch an Projekten von Otto Muehl und Günter Brus – seine eigenen Aktionen, vermutlich weitere drei, dokumentierte er nicht mehr, andere konzipierte er nur noch schriftlich. Er hatte die Farbpalette der adaptierten Räume und eingesetzten Requisiten nach der »1. Aktion« schrittweise reduziert und damit den Schwarzweiß-Fotografien angeglichen. Die vorliegende Aufnahme zeigt ihn in weiß einbandagiertem Körper in einem weiß getünchten Raum, an der Wand lehnt ein schwarzer, quadratischer Spiegel sowie eine große und eine kleine weiße Kugel. Im Laufe der Aktion kommen noch ein totes weißes Huhn sowie eine Glühbirne und schwarze Elektrokabel zum Einsatz.

 

Mit Ausnahme seiner ersten, inszenierte Schwarzkogler seine Aktionen ausschließlich für die Kamera, es gab keinen eigentlichen dramaturgisch aufgebauten Aktionsablauf wie bei Muehl, Brus oder Nitsch, die vor Publikum agierten oder dieses sogar mit einbezogen. Seine Fotografien zeigen perfekt komponierte Arrangements im Raum. In Skizzen legte er die einzelnen Motive im Voraus fest. Die Aktionen konnten, da sie ohne Publikum stattfanden, beliebig oft angehalten werden um Kameraeinstellung oder Komposition zu korrigieren und die Aufnahmen zu perfektionieren.

 

Die Aktionsfotografie Schwarzkoglers wurde zu seinen Lebzeiten nie ausgestellt. 1970 wurde erstmals eine Auswahl in Günter Brus’ Zeitschrift »Die Schastrommel« veröffentlicht. Bekanntheit erlangten diese Fotoarbeiten 1972, als sie bei der von Harald Szeemann kuratierten »documenta 5« in Kassel zu sehen waren. Trotz der Wichtigkeit, die die Fotografie für Schwarzkoglers Arbeit hatte, gibt es – bedingt durch die prekäre finanzielle Situation des Künstlers – nur sehr wenige Vintageprints, die zu seinen Lebzeiten als Einzelabzüge vergrößert wurden (die Fotografen stellten ihm Kontaktbögen zur Verfügung, die er teilweise für Collagen verwendete).

 

1972/73, etwa drei Jahre nach dem Tod des Künstlers, wurde auf Betreiben des italienischen Sammlers und Verlegers Francesco Conz jeweils ein Abzug von allen greifbaren Negativen seiner Aktionsfotografien geprintet und von Hermann Nitsch, Günther Brus, Edith Adam, der Lebensgefährtin und Nachlassverwalterin Schwarzkoglers, signiert. Von der »6. Aktion« sind 99 Aufnahmen bekannt, davon befinden sich 74 in Abzügen aus diesem frühen Set in der Fotosammlung OstLicht.

 

Michaela Seiser, © OstLicht

 

Lit.: Eva Badura-Triska, Hubert Klocker, Rudolf Schwarzkogler – Leben und Werk, hg. v. Museum Moderner Kunst Wien, Klagenfurt 1992, S. 230 (Abb. 19); Eva Badura-Triska, Hubert Klocker (Hg.), Wiener Aktionismus. Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er Jahre, Kat. mumok Wien, Köln 2012, S. 311

Polaroid Collection

 

Polaroid-Gründer Edwin Herbert Land stellte 1948 sein Sofortbildverfahren vor, mit dem man bereits kurz nach der Aufnahme ein vollständig entwickeltes Foto erhielt. Im Zuge der Weiterentwicklung forcierte er von Beginn an die Zusammenarbeit mit Anwendern aus vielen Bereichen, etwa der Werbung, der Wissenschaft und Technik. Vor allem aber überließ er Kunstschaffenden und Fotograf:innen großzügig Material und Geräte, die ihm dafür einen Teil der produzierten Werke zur Verfügung stellten und baute so die legendäre Polaroid Collection auf.

 

Der sog. europäische Teil der Collection konnte 2011 für die Fotosammlung WestLicht erworben werden und ist heute mit seinen rund 4.800 Polaroidarbeiten von etwa 800 Fotograf:innen einer der Schwerpunkte der Fotosammlung OstLicht. Etwa die Hälfte der vertretenen Künstler:innen stammt aus den USA, unter den übrigen Herkunftsländern sind Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande die häufigsten. Das Spektrum der jeweils zugrundeliegenden fotografischen Interessen und künstlerischen Konzepte ist breitgefächert. Die Vielfalt der verwendeten Filmtypen spiegelt auf eindrucksvolle Weise die Entwicklung des Mediums Polaroid während dreier Dekaden wider.

 

ANSEL ADAMS (1902–1984)

Weingarten

USA, Kalifornien, 1969

Polaroid Type 58, 4x5, 13,1 x 10,6 cm

Ehem. Polaroid Coll- Nr. »69:501:19«

© The Ansel Adams Publishing Rights Trust

Ansel Adams, Meister der Landschaftsfotografie und Vertreter der »straight photography«, gilt mit seiner theoretischen wie ästhetischen Programmatik als eine der prägendsten Figuren der künstlerischen Fotografie des 20. Jahrhunderts. Er war gleichermaßen in technischen wie ästhetischen Belangen versiert und veröffentlichte zahlreiche Lehrbücher zur Theorie und Praxis der Fotografie. Neben der Erfindung des für die Schwarzweißfotografie so wegweisenden »Zonensystems« war er auch ein Pionier in der Auseinandersetzung mit der Polaroid-Technik. Kompositorische Präzision, Balance in der Tonalität und detailgetreue Wiedergabe der Realität stehen charakteristisch für Adams Fotografie. Auch seine ab den 1950ern entstandenen Polaroids, in denen er sich mit Vorliebe der landschaftlichen Pracht des Yosemite Valleys widmete, spiegeln in ihrer innerbildlichen Ausgewogenheit ebendiese Werte wider.

 

Als Adams 1948 die Bekanntschaft von Polaroid-Gründer Edwin Herbert Land machte, konnte dieser ihn als Berater für Polaroid verpflichten. Von der revolutionären Sofortbildtechnik und der außergewöhnlichen Qualität des Materialsüberzeugt, war es Adams, der Land nahe legte weitere namhafte Fotograf_innen zu engagieren, um die neusten Film- und Kamerainnovationen zu testen. So wurde in den 1950ern der Grundstein der Polaroid Collection gelegt.

 

Für seine Aufnahme »Vineyard« nutzte Adams einen 4x5 Zoll Sheet-Film vom Typ 58. Dieser kleinformatige Film wurde in Form von Einzelblättern hergestellt, die, in ein Polaroid-Rückteil eingelegt, in jeder normalen Großbildkamera belichtet werden konnten. Neben seiner unkomplizierten Handhabung zeichnet sich dieses Material durch farblich hochqualitative Ergebnisse aus.

 

Das 1969 inmitten eines Weinbergs aufgenommene »Vineyard« kann als komprimiertes Zeugnis der Schönheit der Natur Kaliforniens gelesen werden. Die leicht gedämpfte Lichtstimmung unterstützt die gedrängte Dichte der Bildkomposition, die sich um einen Holzpfahl zentriert. Die farblichen Werte des Blaus der reifen Trauben, wie auch das Grün und Gelb der Weinblätter, kommen in der eher dunstigen Farbstimmung durch die tonalen Feinheiten des Typ 58 Polaroidsbesonders zur Geltung. Die Geschlossenheit der Komposition, eingefangen in der Kompaktheit des Sofortbildes.

 

Johanna Pröll, © OstLicht

 

Lit.: Ansel Adams, Polaroid Land Photography, Boston 1980; Barbara Hitchcock, Als Land auf Adams traf, in: The Polaroid Book. Selections from the Polaroid Collections of Photography, hg. v. Steve Crist, Köln et al. 2008, S. 18–20.

 

ANDY WARHOL (1928–1987)

Andy sneezing

1978

Polaroid SX-70, 10,8 x 8,8 cm

Rücks. ehem. Polaroid Coll. Nr. »78:788:11«

© The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts Inc. / VBK, Wien 2011 / Fotosammlung OstLicht

 

Andy Warhol, Pop Artist, Medienkünstler und revolutionärer Geist – er stand nicht nur für einen progressiven Kunststil, er kreierte auch ein völlig neues Künstlerbild: der Kunstproduzent als soziale Berühmtheit. Mit der massenhaften Verbreitung seines Gesichts, sei es in Form von fotografischen oder seinen berühmten Siebdruckporträts, lancierte er die globale Marke, schuf einen Starkult um »Andy Warhol«, losgelöst von der Privatperson Andrej Warhola. In den frühen 1960ern erkannte er bereits das Sofortbild mit seinem 1963 eingeführten Packfilmverfahren als ideales Medium seiner obsessiven, öffentlichen Selbstdarstellung. Warhol schuf eine ganze Galerie an Polaroid-Porträts, die von Berühmtheiten der Popkultur, seinem »factory«-Umfeld bis zu anonymen Männerakten reichen. Das liebste Sujet stellte jedoch er selbst dar. Seine Polaroids dokumentieren seine Ära, wie Instagram die unsere; auch das heute so inflationäre Selfie nimmt seinen Ursprung bei Warhol. Die Art der Zurschaustellung des Ichs erfolgte bei ihm meist über vermeintliche Selbstoffenbarung, wie in den Porträts »in drag« oder über Trugbilder, wie in der berühmten »fright wig«-Serie, in der er die Perücke mit in alle Richtungen stehenden Haaren als Signum eines Pop Artist trägt.

 

1972 entdeckte der Künstler die »Big Shot«-Polaroidkamera für sich, die mit ihrer fixierten Brennweite speziell für die Aufnahme von Porträts konstruiert wurde. Neben der mit einem Packfilm der Serie 100 arbeitenden Kamera nutzte er ab 1973 auch das revolutionäre, in sich abgeschlossene SX-70 Integralfilm-System mit dem charakteristischen weißen Rand. Manfred Heiting, damals Design-Direktor bei Polaroid, präsentierte Warhol bei einem Besuch in seinem Studio das neue Verfahren. Seither war der Künstler kaum mehr ohne Polaroidkamera anzutreffen.

 

Der für Warhol so wesentliche Moment zwischen Inszenierung und Offenbarung, die »widersprüchliche Balance zwischen größter Intimität und kalkulierter Provokation«, wie Robert Rosenblum feststellt, verhandelt er bereits in einem Porträt seiner Studentenzeit, in dem er sich nasenbohrend zeichnet. Auch in »Andy sneezing« wird ein scheinbar intimer Moment gewählt, der reflexartige Akt des Niesens, um mit der bewussten Inszenierung und fotografischen Visualisierung der gestellten Situation, die Idee von Intimität im doppelten Sinne ad absurdum zu führen.

 

Johanna Pröll, © OstLicht

 

Lit.: Robert Rosenblum, Andy Warhols Masken, in: Andy Warhol. Selbstportraits, hg. v. Dietmar Elger, Kat. Kunstverein St. Gallen et al. 2004, S. 10–18; The Polaroid Book.Selections from the Polaroid Collections of Photography, hg. v. Steve Crist, Köln et al.2008, S. 80; Cordon Baldwin & Judith Keller, Nadar/Warhol: Paris/New York: Photography and Fame, Kat. Getty Museum Los Angeles 1999, S. 217

BRUCE CHARLESWORTH (* 1950)
Ohne Titel
1979
Polaroid SX-70, hand coloured, 10.8 x 8-8 cm
Photographer’s stamp, dated and former Polaroid Coll. No. »79:1467:03« on the reverse
© Bruce Charlesworth

 

Bruce Charlesworth, der in den 1980ern durch seine Multimedia-Installationen und inszenierten Fotografien Bekanntheit erlangte, prägte für seine Videoarbeiten den Begriff »narrative Environments«: mittels strategischer Setzung einzelner Akteur:innen innerhalb eines künstlich konstruierten (Bild-)Raums sowie teils über Audio-Untermalung verfolgt er die Erzeugung einer assoziativen Narration. Dabei enthält er der Betrachter:in eine festgelegte Lesart vor und eröffnet ein für jede/n subjektives Interpretationsspektrum zwischen Realität und Fiktion. »Untitled« von 1979 steht für die frühen Arbeiten des Künstlers, die als Vorstufen seiner postmodernen »staged photography« zu lesen sind.

 

Das SX-70 Polaroid stellte sich vielen Fotograf:innen der 1970er und 80er als inspirative Quelle kreativer Destruktion vor, es bot die perfekte Oberfläche für multiple Manipulationen. So auch für Charlesworth, der in seiner Frühphase vermehrt mit dem klassischen Kleinformat-Polaroid arbeitete. Er kolorierte das Positiv mit Acrylfarbe und nutzte die malerischen Elemente zur Konstruktion surrealer Bildräume.

 

Ein Glas Milch, von rechts kommend eine Hand, oberhalb in Reihe drei idente Fotografien eines kleinen Mädchens in weißem Kleid. Im Hintergrund farblich alternierende Vertikalstreifen, wie ein Vorhang, auf dem die drei Porträts befestigt sind; die unten im Bild positionierte monochrom-grüne Horizontalfläche dient als Bühne für das ins Zentrum gerückte Glas, rechts durchbrochen von einem braunen Streifen, der die Bewegung des Arms unterstreicht. Durch die Zurücknahme der Dreidimensionalität des umgebenden Raumes und die Monochromie der malerischen Elemente werden die Objekte herausgehoben, präsentiert wie vor Kulissen – es entsteht eine Art surreales Theater, in dem die scheinbar beziehungslos im Raum schwebenden Bildgegenstände als in die Fläche gebannte Hauptdarsteller auftreten.

 

Charlesworth spielt mit inhaltlichen Andeutungen, die den Themenkreis Kindheit, Zwänge und Verbote eröffnen, sich einer eindeutigen Interpretation allerdings entziehen. Ebendiese fehlende Dechiffrierungsanleitung ist es, die die Betrachter_in (un)bewusst zur assoziativen und vor allem individuellen Ergänzung der Fehlstellen anregt.

 

Johanna Pröll, © OstLicht

SANDI FELLMAN (* 1952)

Modesty

Japan, Tokyo, 1983
Polaroid Polacolor 20x24, c. 75 x 56 cm
Signed and dated in the lower margin right; titled and former Polaroid Coll. No.
»83:682:50« on the reverse
© Sandi Fellman

 

1979 präsentierte Polaroid erstmals die nach Entwürfen von Edwin Land konstruierte 20x24-Zoll-Kamera. Der 1,50 Meter hohe und 106 Kilo schwere Holzapparat lieferte mit einem speziellen Trennbildverfahren riesige Sofortbilder von beeindruckender Qualität und Dimension (ca. 50 x 60 cm). Betreut von Polaroid-Fachleuten, wie dem Chief Operator Jan Hnizdo, wurden in den 1970ern und 1980ern ausgesuchte Fotograf_innen eingeladen, frei mit der Kamera und entsprechendem Filmmaterial zu arbeiten. Darunter auch die New Yorkerin Sandi Fellman, die für ihre Tattoo-Serie ab 1982 mehrmals nach Tokio reiste, um dort die Ganzkörper-tätowierten Mitglieder der Yakuza zu fotografieren.

 

Ein purpurner Karpfen kämpft sich gegen den Strom zur Quelle eines Wasserfalles, während eine blühende Pfingstrose die gegenüberliegende Brustpartie schmückt. Am rechten Bizeps prangt ein gehörnter Drache, dessen Schwanz in einer Wolkenbank am linken Arm mündet. Der Tätowierte trägt lediglich ein »fundoshi«, die traditionelle japanische Männerunterwäsche.

 

»Kawa« (Fluss) nennt sich diese spezielle Form der traditionellen Irezumi Tattoo-Kunst, benannt nach dem Strom an unberührter Haut, der in der Mitte des Brustkorbs entlangfließt. Sowohl Arme als auch Beine sind dabei nur bis zur Hälfte mit Motiven bedeckt, was den Anschein der Bekleidung durch Mantel und Hose suggeriert. Die auf eine jahrhundertelange Tradition zurückreichenden, großflächigen Tätowierungen gelten als Erkennungsmerkmal der Yakuza, einer kriminellen Organisation (oft als »japanische Mafia« betitelt), die sich auf ihre Abstammung von den Glückspielsyndikaten der Edo-Periode (1603–1868) beruft und strengen Tugendregeln, wie auch Genügsamkeit (»modesty«) folgt.

 

Das 20x24-Polacolor-Instantbild bietet mit seiner bestechenden Farbqualität und Detailgenauigkeit die perfekte Bühne, um der Lebendigkeit und den kräftigen Farben der Irezumi-Tätowierung in Fellmans »Modesty« Rechnung zu tragen, die in Kontrast zum hellen Strahlen des ungeschmückten Inkarnats stehen. Entgegen des Vorwurfs der minderen Qualität oder des schnellen Farbverblassens zeigen sich die großformatigen Sofortbilder als idealer Bildträger von besonderer Beständigkeit. Die Fotosammlung OstLicht beheimatet über 1.300 Polaroids in diesem beeindruckenden 20x24-Zoll-Format.

 

Johanna Pröll, © OstLicht

 

Lit.: Sandi Fellman, D.M. Thomas, The Japanese Tattoo, New York 1986, S. 28–29.


nach oben springen

OstLicht.
Galerie für Fotografie

BROTFABRIK, Stiege #3
Absberggasse 27,
1100 Wien, Österreich


info@ostlicht.org
+43 1 996 20 66

 

Öffnungszeiten

MI–SA; 12–18 Uhr und nach Vereinbarung

OstLicht.
Sammlung für Fotografie

BROTFABRIK, Stiege #7
Puchsbaumgasse 1C
1100 Wien, Österreich





ABONNIEREN SIE UNSEREN NEWSLETTER

UNSERE PARTNER
Westlicht. Schauplatz für Fotografie

Coeln Vintage Kameras
Footermenü:
  • Über Uns
  • Besuch
  • Team
  • Dienstleistungen
  • Vermietung
  • FAQ

nach oben springen